Montag, 16. Februar 2009

Der Landpartie samt Schloßbesichtigung folgt ein wunderbares Essen am Abend. Das Geturtel und Geknutsche mit dem Beuteschema wird von der italienischen Mama großherzig mit einem Kommentar bedacht. "Valentinstag war gestern. Heute alle brav", grinst sie uns zu und wir nicken anständig lächelnd.

Danach nehme ich ihn mit zu mir, denn plötzlich sind mir Moral und Anstand vollkommen egal und ich scheiß auf's groß angekündigte Liebe machen. Der Abend endet in einer einzigen Katastrophe. Eine halbe Stunde später bin ich nicht mehr unschuldig und er geht, quasi mittendrin, weil ich alles versaue, aber wirklich komplett, wenn auch vollkommen unbeabsichtigt.

Ich will sterben, will die Zeit zurückdrehen, alles ungeschehen machen oder doch lieber sterben. Die Scham erfüllt mich so vollständig, dass meine Hände zittern. Es tut mir leid für ihn, tut mir leid für mich und ganz besonders für uns beide. Aber ich konnte nichts dafür, dass es kam wie es kam. Vielleicht ist es die gerechte Strafe dafür, dass ich mich nicht gedulden konnte. Dass ich nicht abwarten konnte, bis einer daher kommt, der dageblieben wäre, bis ich mit der Sprache herausrückt wäre, wonach sich das ganze Problem in Luft aufgelöst hätte. Scheiße, verdammt.

Vielleicht war es ja auch die gebührende Strafe dafür, sich von einem Christdemokraten ficken zu lassen. Da kann man wohl kaum Einspruch einlegen.


 

Mittwoch, 17. Dezember 2008

Passend zum Abendessen kommt das Mistvieh auf eine Stippvisite vorbei und will einfach nicht wieder verschwinden. Nach so langer Zeit. Nach so vielen Wochen. Fast war ich überzeugt, dass es für immer gegangen wäre. Als es jetzt unvermittelt auftaucht bin ich wie gelähmt, bin geschockt und unvorbereitet. Mein Wille ist schwach und der Kampf kurz, so überrumpelt bin ich in diesem Moment. Ich wähle den altbekannten Weg, den Weg des geringsten Widerstandes und am Ende leuchtet mir in großen Lettern das Wort V-E-R-L-O-R-E-N entgegen.

Am Morgen ist mir übel. Die Quittung dafür, dass ich das, was ich am Abend hätte spüren müssen, womit ich mich hätte auseinandersetzen müssen, einfach betäubt habe. Aber die Verlockung war mächtig, denn Schlechtsein und Versagen ist einfach und vertraut.

Ich wünsche mir, das elendige Gefühl loszuwerden. Will alles Schlechte in den Rinnstein kotzen: die Enttäuschung und Wut, den Ärger und den Hass, die Schwäche, die Leere und die Einsamkeit. Aber dazu ist es zu spät, denn das was herauskommen würde, wäre nur richtige Kotze und nicht das, was Erleichterung und Besserung schaffen würde.

Minuten später sitze ich in der U-Bahn und werde ohne Fahrkarte erwischt. Es ist der bekannte Tropfen, der in diesem unpassenden Moment die Tränen hervorlockt. Es sind viele, sehr viele, die mir geräuschlos über die Wangen laufen, während ich im diesigen Grau durch die Straßen zur Anstalt laufe. Im Hausflur angekommen wische ich mir das Gesicht ab und putze mir die Nase, sammle mich, schließe die Tür auf . Die Kolleginnen winken, grüßen und lachen. Aber dann sehen sie, dass etwas nicht stimmt, springen auf, wollen wissen was los ist. Ein Fehler, denn Mitgefühl ist der Feind der Verdrängung. Der Damm bricht. Sie tun mir so leid, weil sie mich ertragen müssen und ich tue mir leid, weil ich mich ebenfalls ertragen muss. Ich schweige über die Gründe. Wie immer.

"Erst dachte ich, es wäre jemand gestorben", sagt die eine Kollegin kopfschüttelnd, nachdem ich mich wieder beruhigt habe und ich lächele entschuldigend. Niemand außer der Hoffnung, denke ich theatralisch und spüre, wie die Vernunft mahnend den Finger erhebt, weil meine Gedanken so dumm sind und es langsam an der Zeit ist, sich wieder ernsthaft zusammenzureißen.


 

Dienstag, 2. September 2008

Ich suche und suche. Aber ich finde nicht. Und wohlmöglich gibt es nicht einmal etwas, das gefunden werden könnte. Wie ein Nichts im schwarzen Loch.

Die Suche nach den einzelnen Bedürfnissen in mir bringt kein Ergebnis. Keine Ahnung, was mein Körper eigentlich braucht. Oder mein Herz. Oder Kopf. Oder Bauch. Sicher ist nur, dass da ein Etwas ist. Vielleicht auch mehrere Etwasse. Aber ohrenbetäubend laut tutet das "HUUUUUUNGER!" vom Mistvieh durch jede Zelle meines Körpers. So laut, dass sich alles in mir zusammenkrampft. Dass kein klarer Gedanke mehr möglich ist. Ich komme nicht weiter. Dieses eine große, fette Dings läßt keinen Platz für Kleines und Zartes und lässt stattdessen alles andere unfühlbar werden.

Keine Lösung ist auch eine Lösung. Mit der Qual leben, heißt das. Immerhin bewirkt dieses Fazit eine Sehnsucht nach Boshaftigkeit. Ich will sauer sein. Gemein sein. Jemanden beschimpfen und für schuldig erklären. Jemanden verantwortlich machen für das, was ich mir antue. Und für all die Traurigkeit, die Überforderung, die schlechten Gedanken, die quälenden Taten.

Aber wie ich es auch drehe und wende. Schuld bin am Ende immer nur ich selbst. Ich selbst und mein Schwäche.


 

Samstag, 30. August 2008

Das Mistvieh ist stark.
Stärker als ich.


 

Samstag, 26. Juli 2008

Keine Lösung, keine Hilfe. Eine Arbeitswoche mit gedrücktem Ignore-Schalter. Ich versuche nicht nachzudenken, nicht den Schmerz der Enttäuschung zu fühlen, die Verletzung herunterzuschlucken, meinen Platz hinten am Ende der Reihe zu finden und zu testen, ob es wohlmöglich einfacher ist, wenn ich nicht schreibe. Schreiben heißt nachspüren und hineinhorchen. Und manchmal muss man ausprobieren, ob man ohne nicht besser dran ist. So oder so. Das Mistvieh steht mit breitem Grinsen vor der Tür.

Vielleicht kommt es deswegen so, wie es kommen musste. Vielleicht kommt es so, weil ich es unbewusst erwartet habe. Vielleicht war ich mir auch zu sicher, es besiegt zu haben. Vielleicht ist es nur eine kurze Phase und dann ist alles wieder gut?

Mistvieh. Ich habe dich nicht vermisst. Ich hasse dich und kann scheinbar nicht ohne dich sein. Am Anfang der Woche habe ich versucht, dir freundlich gegenüber zu treten und dir die Hand zu reichen. Ein Friedensangebot. Weil ich wollte, dass wir die Sache miteinander regeln, ohne ein großes Ding daraus zu machen. Am Mitwwoch hast du mir den Arm umgedreht, bis ich die Augen verdreht habe. Am Freitag hast du mir den Arm ausgerissen, du verdammtes Arschloch. Ich verachte dich und deine Gewalttätigkeit, hasse mich, weil ich doch irgendwie verantwortlich für dich bin. Ich habe ein Monster geboren.

Unsere Zusammentreffen funktionieren nach deinen Spielregeln. Ich muss nicht einmal einwilligen, nein. Denn die Wahlfreiheit wird nur von denen gesehen und für möglich gehalten wird, die nicht beteiligt sind, während du mir das Messer auf die Brust setzt, zustichst und in der Wunde bohrst.

Wie weiter? Ich habe keine Ahnung. Will etwas schreiben, will einer Eingebung folgen, aber da ist nichts. Also abwarten. Aushalten. Anderen beim Schreiben zuhören und mit Augen & Gedanken fixieren.

So plötzlich, wie die Zerstörung begonnen hatte, war sie vorbei. Kein Wenn, kein Auch, kein Aber, kein Obwohl - von einem Augenblick auf den anderen war alles vorüber, herrschte Stille.
(Haruki Murakami. Hard-boiled Wonderland)


 

Mittwoch, 9. Juli 2008

Die verdrängte Traurigkeit bringt mich an manchen Tagen fast zur Verzweifelung. Ich soll sie nicht vergessen, nein, ich darf sie nicht vergessen. Aber ich finde einfach keinen rechten Platz für sie. Keinen Ort, wo ich mir für sie Zeit nehmen kann. Keine Gelegenheit, die passend wäre. Es gibt weder Trost noch Arme, in die ich mich fallen lassen kann, denn gerade in den schwächsten Momenten bin ich so allein, dass ich nicht rechts und links schauen kann, sondern nur die Augen zukneife und spüre, wie die Tränen Hals und Augen hochsteigen. Schnell runterschlucken und irgendetwas tun. Irgendwas, nur nicht anfangen zu heulen, nur das nicht. Denn sollte ich es nicht mehr zurückhalten können, fürchte ich, dass es kein Halten mehr geben würde.


 

Dienstag, 24. Juni 2008

Manchmal muss man schlechte Gefühle einfach aushalten.

Der Hunger ist undefinierbar. Sicher ist nur, dass es kein Hunger-Hunger ist, sondern dass sich dahinter etwas anderes verbirgt. Der Hunger schmerzt körperlich, weil er anhaltend und ausdauernd präsent ist und mich damit piesackt und nervt. Es ist ein Hunger, der nicht nachlässt, wenn ich versuche, ihn mit Nahrungsmitteln zu stillen. Er läßt sich höchstens ein wenig beruhigen. Ich vermute, es ist ein Hunger nach Nahrung in Form von Liebe, Zuwendung, Hoffnung und ganz viel Gutem. Aber ich finde weder den Ursprung für diesen Hunger, noch einen Weg, ihn dauerhaft zu stillen, so lautstark er auch danach verlangt.

Manchmal muss man schlechte Gefühle einfach aushalten.


 

Montag, 16. Juni 2008

Da ist sie wieder. Die erwartete wochenendtypische Talwanderung mit Sinnsuche kommt ohne Vorwarnung daher und breitet sich für zwei lange Tage in meinem Leben aus. Die Stunden ziehen sich kaugummiartig in die Länge, zäh und klebrig, vermischt mit ein paar salzigen Tränen.

Die Gedanken sind noch sehr vertraut, das Schema ist altbekannt. Ich kann kaum so schnell denken, wie sich mein alltägliches Leben in verachteswerte Oberflächlichkeit verwandelt. Begriffe wie Sinn und Hoffnung werden komplett gestrichen und das Leben als solches ist als quälender Kampf definiert. Aber bald kommt die Dunkelheit der Nacht, bald die traumlose Stille. Und morgen früh tue ich so, als wäre nichts gewesen.


 

Sonntag, 27. April 2008

Der Sonntag und ich werden nie Freunde werden. Jede Woche dasselbe. So eine Scheiße.


 

Montag, 21. April 2008

Puh. Gar nicht gut.