Sonntag, 21. September 2008

In unserer Freundschaft gibt es immer diese Phasen. Die Guten, in denen wir uns blind verstehen und die Schlechten, in denen ich dich zum Teufel wünsche. Dann muss mich Mimi mit beruhigender Stimme trösten und mir versichern, dass die Freundschaft zwischen dir und mir stabil ist. "Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Ihr zwei wart schon immer so... speziell."

Wieder und wieder gelange ich an den Punkt, an dem ich dir in die Augen sehe und du wie ein Fremder für mich bist. An dem unsere Unterschiede mir wie eine unüberbrückbare Kluft vorkommen, weil dein Schweigen mir zeigt, dass Ehrlichkeit dir nichts bedeutet. Obwohl ich deine Freundin bin, lügst du mir ins Gesicht, auch wenn die Wahrheit wie ein offenes Buch vor uns liegt, in das wir gleichzeitig hinein schauen.

Statt klarer Worte schweige ich. Statt ehrlicher Worte wirst du garstig, wechselst das Thema und wirfst mir etwas vor, was du schnell mal an den Haaren herbeigezogen hast. Im Sekundentakt entfernst du dich von mir, entferne ich mich von dir. Und ich frage mich, was du wohl empfinden magst, wenn du hinter meinem Rücken hier mitliest. Ob du ein schlechtes Gewissen hast. Ob du dich schämst. Ob du dich wohl an meine Bitte erinnerst.


 

Donnerstag, 18. September 2008

Wäre ich nicht so fertig von der ungeplanten Wurzelbehandlung, könnte ich heute die überlebten Zahnarztbehandlungen der letzten Wochen feiern. Am besten mit ganz viel Schokolade. Und dann ohne Zähne putzen ins Bett.


 

Mittwoch, 17. September 2008

Ich spreche wie eine gesprungene Schallplatte. Ich wiederhole, dass ich ein schlechtes Gewissen habe, weil ich mich nicht bei meiner Mutter melde. Die Frau aus L. spricht wie eine gesprungene Schallplatte. Sie wiederholt, dass die Zeit kommen wird, in der ich mich bei meiner Mutter melde. Oder auch nicht.

Also warte ich. Und versuche auf die Frau aus L. zu hören und vor allem, an ihre Worte zu glauben. Das schlechte Gewissen kommt und geht und kommt und geht. Je mehr Zeit verstreicht, desto kleiner wird das Gewissen und umso größer meine Vernunft und die Sorgfalt für mich selbst. Warum den Kontakt herbeiführen, der mehr schmerzt, als dass er gut tut. Warum sie und nie ich.

Heute eine Karte vom Bodensee. Sie ist mit einer Freundin unterwegs. Das Wetter ist gut. Die Tage sind herrlich. Wandern und Radfahren. Und natürlich liebe Grüße. Auch von Marion.

Beim Lesen wird mir das Herz eng. Ich weiß nicht, was für ein Gefühl dieses Ziehen verursacht. Vielleicht Wehmut? Vielleicht ein Anflug von Sehnsucht? Vielleicht doch wieder das schlechte Gewissen? Oder die alte Trauer? Aber immerhin spüre ich deutlich, dass da so etwas wie Freude ist. Darüber, dass sie an mich gedacht hat. An meinem Geburtstag hat sie keine Karte geschickt. Das tat so verdammt weh, dass ich auch nach Wochen noch nicht gut daran denken kann.

Aber jetzt ist da ein Gefühl, etwas zurückgeben zu wollen. Wenigstens ein kleines Hallo. Ich schlage die Tasten an, schnell, schnell, ohne Pause. Einfach ein paar Zeilen. Danke für die Karte. Alles ist gut. Freunde treffen, Kino, Café, Yoga. Arbeit besser als je zuvor. Vertrag wird für ein paar Monate verlängert. Liebe Grüße. Und drücke schnell auf Senden, womit meinem monatelangen Schweigen endlich ein Ende gesetzt ist. Zumindest für den Moment. Puh.


 

Montag, 15. September 2008

Die Tage toben an mir vorbei, während ich für einen kurzen Moment still stehe und ihnen sehnsüchtig nachblicke. Unbemerkt muss sich die Lebenslust an mich herangeschlichen haben, denn plötzlich steht sie hinter mir, tippt mir auf die Schulter, grüßt freundlich und bleibt seitdem an meiner Seite. Ein freudiges Wiedersehen, denn sie ist eine von den Guten. Im Gepäck hat sie den unstillbaren und kraftvollen Drang nach Menschen, Geschichten, Erlebnissen, Eindrücken, Gefühlen. Pause machen gilt nicht.

Und während ich zuvor immer ein bisschen vorsichtig war und mich auf die Dinge konzentrierte, bei denen ich genau wußte was mich erwarten würde, ist es jetzt das Neue, das seinen Reiz versprüht und mir verlockend vor der Nase herumwedelt. Es gibt kein vielleicht und schon gar kein nein, stattdessen begegne ich dem Leben neu und heiße es mit ausgebreiteten Armen willkommen.

Und während ich mache und tue und durch das Leben turne, kommen auch noch diese anderen Gedanken daherspaziert. Dass es vielleicht doch noch möglich ist. Ich muss nur ganz fest dran glauben.


 

Mittwoch, 10. September 2008

I want to hold the hand inside you
I want to take a breath that's true
I look to you and I see nothing
I look to you to see the truth


Am Ende herrscht die Stille im abgedunkelten Raum. Sie fühlt sich mächtig und stark an. Nachdem ich mich ausgestreckt habe kommt die Ruhe herbeigeschwebt, legt sich schweigend auf meinen Körper und deckt mich zu, bis sie ganz von mir Besitz ergriffen hat. Sie füllt mich aus, von den Haaren bis in die warmen Zehenspitzen und vetreibt die unruhigen Gedanken.

You live your life
You go in shadows
You'll come apart and you'll go black
Some kind of night into your darkness
Colors your eyes with what's not there.


Die Dielen geben ein leises Knarzen von sich, als er sich mit verschränkten Beinen hinter meinen Kopf auf dem Boden niederlässt. Er legt sanft seine Hände auf meine Schultern, drückt sie nach unten und verharrt in dieser Position. Meine Atmenzüge lassen uns leben. Heben und senken, heben und senken, heben und senken - wir beide im Gleichklang. Es fühlt sich warm an. Geborgen. In guten Händen. Langsam wechselt er von den Schultern zur Brust und ich spüre die Wärme, die er ausstrahlt, die Kraft, die er mir gibt. Es fühlt sich an, als wolle er meinen Brustkorb umfassen. Mir dort Halt geben, wo ich ihn am dringendsten brauche. Das Herz behüten festhalten, denn es beginnt schneller zu schlagen, immer schneller. Die Zeit soll stehen bleiben. Bitte.

A strangers light comes on slowly
A strangers heart without a home
You put your hands into your head
And then smiles cover your heart


Kurz bevor er aufsteht und seinen Platz an meinem Kopfende verlässt, will ich ihn festhalten. Es ist ein kurzer Moment, in dem ich denke, dass ich nicht ohne ihn sein kann. "Bleib bei mir", rufe ich laut in Gedanken und spüre im selben Moment die Angst, er könnte mich gehört haben. Allein sein. Zu zweit sein. Allein sein.

Fade into you
Strange you never knew
Fade into you
I think its strange you never knew


Später, zu Hause, kommt die Traurigkeit. Und obwohl ich eigentlich erschöpft bin, gehe ich nicht ins Bett sondern mache das, was ich am besten kann. Schwach sein. Und mich anschließend mit Selbstvorwürfen bestrafen. Vielleicht, weil es das Einzige ist, was für einen kurzen Moment Trost spendet. Bittersüße Wärme für das einsame Mädchen in mir drin.

Fade into you
Strange you never knew
Fade into you
I think its strange you never knew


(Mazzy Star - Fade Into You)