Freitag, 20. Februar 2009



Die Trauerfeier war ein Alptraum.

Vielleicht, weil einfach zu viel nicht stimmte.
Weil nichts so war, wie es sein muss, wenn es schon sein muss.

Wenn ein wunderbarer Mensch, ein freundlicher, liebevoller, lustiger, unterhaltsamer, ehrlicher, aufrichtiger, charmanter und gradliniger Mensch stirbt, hat er es verdient, würdig und angemessen verabschiedet zu werden. Mit den schönsten Blumen, den rührendsten Worten, seiner Lieblingsmusik. Und mit vielen Tränen, die vergossen werden, weil er nicht mehr dabei sein kann, weil er ein riesiges Loch hinterlässt, weil er unersetzlich ist.

Alles ist falsch. Was kommt, sind Worte, die nichts mit dem Menschen zu tun haben, um den es geht. Alles dreht sich um Schuld und Vergebung, um Gnade und Barmherzigkeit. Eine einzige große Seifenblase. Es schmerzt beim Zuhören. Es macht die Traurigkeit kaputt. Verdammt.

Ach Opa, Opa. Ich vermisse dich schrecklich.


 

Mittwoch, 28. Januar 2009



Die Tage vergehen langsam. Sie ziehen durch einen trägen Grauschleier aus Schmerz und Verzweifelung vernebelt an mir vorbei, einer wie der andere. Schon in den letzten Wochen habe ich gespürt, dass irgend etwas passiert, dass es sich ein bisschen wie früher anfühlt. Plötzlich ist da wieder so viel Traurigkeit, dass ich nur noch mit großer Mühe und Anstrengung die Fassung bewahren kann. Letztendlich sind es die Schmerzen der Krankheit, die dazu führen, dass es kein Halten mehr gibt, kein Zurück, dass das Unten einfach da ist.

"Meine Güte, du bist vollkommen neben der Spur", sagt der Philosoph ein wenig perplex am Telefon, als ich erst mit zittriger Stimme, später vollkommen aufgelöst, versuche eine Erklärung für mein Elend zu finden. Es ist kein Platz mehr für Spielerei, kein Platz für herausgeforderte Schmerzen und emotionale Unsicherheit, zumal von einem virtuellen Gegenüber. Ich verabschiede ihn aus meinem Leben und weiß, dass er über diese Entscheidung ebenfalls erleichtert ist.

Als wenig später der Papa anruft, rollen erneut die Tränen, kann ich vor Schluchzern kaum sprechen. Die Jobsituation, meine Furcht vor dem Leben, das vernichtende Gefühl der Unfähigkeit. Er versucht es mit liebevollen Worten und Geduld, mit einer Motivation zu kleinen und logischen Schritten. Aber es ist schwer gegen eine Verzweifelung zu argumentieren, wenn jedes Wort unmittelbar von der Resignation verschluckt wird.

Am nächsten Morgen sage ich der Ärztin wie es ist. Angst vor einem Nervenzusammenbruch, falls ich ihn nicht schon habe. Sie gibt mir die Adresse eines Arztes und schreibt mich krank, ob wegen des Magens oder wegen der Nerven ist egal. Nur Zwieback-Salzstangen-Fencheltee, das allerdings, hilft nur gegen das Bauchweh. Ich gehe nach Hause und heule weiter.

Wieder meldet sich der Papa, aber diesmal fragt er nicht erst wie es geht. "Opa ist gestorben", sagt er mit ruhiger Stimme und ist ganz gefasst. Zackbumm. Ich brauche gar nicht neu ansetzen, sondern heule einfach weiter, immer weiter und weiter, als könnte ich nie mehr damit aufhören. Opa. Mein kleiner Opa. Schau nur, wie viele Tränen ich habe.

Später ruft Mama an. Und endlich habe ich jemanden, mit dem ich gemeinsam weinen kann, mit dem ich trauern kann. Wir zünden Kerzen an, sie bei sich und ich bei mir. Wir erzählen uns Familiengeschichten. Geschichten über den Menschen, der so uralt geworden ist, der für uns alle der Fels in der Brandung war: immer da, immer guter Dinge, immer liebevoll. "Mein Vater ist wie mein Opa", sage ich zu meiner Mutter und im gleichen Augenblick tut es mir leid, weil wir beide wissen, dass ich das Liebevolle, das Aufmerksame, das Emotionale, das Gütige meine. Das, was ich ihr immer abgesprochen habe. Auch hier der Schmerz.

Ich merke das nichts stimmt. Nicht in mir drin und nicht um mich herum. Wenn es nach mir ginge, säße ich jetzt am Totenbett meines Opas, würde mit ihm reden, ihm Geschichten erzählen, meine Finger durch sein volles weißes Haar gleiten lassen, seine Wange streicheln, seine Hand halten, mit meiner Familie über u n s reden. Aber es ist alles anders, es ist alles falsch und ich sitze alleine zu Hause, blättere durch die Fotoalben meiner Kindheit und klicke mich durch die Bilder, die ich per Selbstauslöser am letzten Heiligabend von ihm und mir gemacht habe.

Wie eine Schallplatte mit Sprung, leiern immer wieder die Abschiedsworte des Philosophen durch meinen Kopf. "Denk dran, Baby, das Leben fickt uns alle in den Arsch. Aber für einen selber ist es eben immer am härtesten." Genau.


 

Donnerstag, 18. September 2008

Wäre ich nicht so fertig von der ungeplanten Wurzelbehandlung, könnte ich heute die überlebten Zahnarztbehandlungen der letzten Wochen feiern. Am besten mit ganz viel Schokolade. Und dann ohne Zähne putzen ins Bett.


 

Mittwoch, 3. September 2008

In den letzten Monaten haben mir die Besuche beim Szenetreff jedes Mal ein kleines emotionales Highlight beschert. Zwangsläufig musste wohl ein Tiefpunkt folgen. Und ganz so, wie es meine Art ist, frage ich mich jetzt, was ich eigentlich erwartet habe. Was ich dort will. Was ich dort zu finden hoffe. An einem Ort, wo ich zwischen 50jährigen Postbeamten sitze, die ihre Frauen schlagen.

Falscher Film. Cut.


 

Donnerstag, 12. Juni 2008

Die grenzenlose Leidensfähigkeit meines Vaters ist für mich schwer zu ertragen. Er tut alles für sie, die ihn dafür mit Verachtung straft. Wie in der Trotzphase eines Kleinkindes scheint sie ihn reizen zu wollen, damit er ihr seine Grenzen aufzeigt. Damit er nicht wie eine Gummiwand federt und nachgibt, sondern endlich Stellung bezieht, sich wehrt und ihr seine Meinung um die Ohren schleudert. Manchmal ist es Zeit einen Punkt zu machen, damit man weiterhin in den Spiegel sehen kann.

Ich meide schlechte Menschen und ich will, dass mein Vater das auch tut. Ich will, dass er stark und konsequent ist. Dass er sich die kleine Miss schnappt und sich auf und davon macht. Aber stattdessen bleibt er bei dieser unzufriedenen und schrecklichen Frau, die den ganzen Tag nichts anderes zu tun hat, als zu meckern, zu motzen, schlechte Stimmung zu verbreiten und ihr Umfeld zu terrorisieren.

Ich bin sauer. Und wütend. Und enttäuscht. Dass er ihr nicht verbietet schlecht über mich zu reden. Dass er nicht in der Lage ist, sie in ihre Schranken zu weisen oder wahlweise zu gehen und sie dorthin zu schicken, wo der Pfeffer wächst. Aber sobald ich mit ihm rede werde ich weich und lasse alle seine Ausreden gelten. Und natürlich liebe ich ihn trotzdem.


 

Freitag, 18. April 2008

Es gibt Erlebnisse, die sind einfach zu peinlich um darüber zu bloggen. Was geschehen ist, kann ich nicht mehr aus meinem Kopf verscheuchen, denn das räudige Vieh hat einen enormen Rattenschwanz am Hinterteil.

Was tun, was tun? Irgendwas jedenfalls. Eine Konsequenz oder so. Dummerweise gibt es nur eine Lösung für das Problem und ich weiß genau, was zu tun ist. Aber dafür brauche ich googolplex viel Kraft, besonders weil ich ehrenamtlicher Angsthase mit Auszeichnung bin.

(Wenn es doch wenigstens um Sex ginge...)


 

Montag, 3. März 2008

June wählt das andere Leben.

Farewell!


 

Freitag, 15. Februar 2008

Manchmal frage ich mich, wann ich mich trauen werde und anfange zu denken. Mich mit dem beschäftigen, was mich quält, damit ich es irgendwann hinter mir lassen kann. Aber anstatt anzufangen, gibt es nur Kurztrips in die Vergangenheit, am besten situationsweise und kontrollierbar, damit nicht alles über mir zusammenbricht und alle Fluchtwege versperrt sind.

Ich müsste oder sollte oder beides, aber ich tue es nicht. Weil ich nicht kann, ist die einfachste Antwort, die ich am liebsten in pubertärer Manier hinschnoddern würde. Aber ich bin schon zu alt für solche Ausreden und natürlich könnte ich, wenn ich nur genug wollen würde. Wenn aber der Effekt zweifelhaft ist, schlimmstenfalls an den Punkt zurückführt, an dem ich mich vor Weihnachten befand, gibt es keinen guten Grund dieses Experiment zu wagen.


 

Donnerstag, 17. Januar 2008

Die abgestandene Brühe hab ich weggeschüttet. Hat auch schon ordentlich gestunken. Am liebsten hätte ich gleich den ganzen Topf in die Tonne getreten, aber das geht halt nicht. Der Geruch von Fäulnis bleibt. Und ein bisschen Wehmut.