Mittwoch, 17. September 2008

Ich spreche wie eine gesprungene Schallplatte. Ich wiederhole, dass ich ein schlechtes Gewissen habe, weil ich mich nicht bei meiner Mutter melde. Die Frau aus L. spricht wie eine gesprungene Schallplatte. Sie wiederholt, dass die Zeit kommen wird, in der ich mich bei meiner Mutter melde. Oder auch nicht.

Also warte ich. Und versuche auf die Frau aus L. zu hören und vor allem, an ihre Worte zu glauben. Das schlechte Gewissen kommt und geht und kommt und geht. Je mehr Zeit verstreicht, desto kleiner wird das Gewissen und umso größer meine Vernunft und die Sorgfalt für mich selbst. Warum den Kontakt herbeiführen, der mehr schmerzt, als dass er gut tut. Warum sie und nie ich.

Heute eine Karte vom Bodensee. Sie ist mit einer Freundin unterwegs. Das Wetter ist gut. Die Tage sind herrlich. Wandern und Radfahren. Und natürlich liebe Grüße. Auch von Marion.

Beim Lesen wird mir das Herz eng. Ich weiß nicht, was für ein Gefühl dieses Ziehen verursacht. Vielleicht Wehmut? Vielleicht ein Anflug von Sehnsucht? Vielleicht doch wieder das schlechte Gewissen? Oder die alte Trauer? Aber immerhin spüre ich deutlich, dass da so etwas wie Freude ist. Darüber, dass sie an mich gedacht hat. An meinem Geburtstag hat sie keine Karte geschickt. Das tat so verdammt weh, dass ich auch nach Wochen noch nicht gut daran denken kann.

Aber jetzt ist da ein Gefühl, etwas zurückgeben zu wollen. Wenigstens ein kleines Hallo. Ich schlage die Tasten an, schnell, schnell, ohne Pause. Einfach ein paar Zeilen. Danke für die Karte. Alles ist gut. Freunde treffen, Kino, Café, Yoga. Arbeit besser als je zuvor. Vertrag wird für ein paar Monate verlängert. Liebe Grüße. Und drücke schnell auf Senden, womit meinem monatelangen Schweigen endlich ein Ende gesetzt ist. Zumindest für den Moment. Puh.

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Gar nix außer Schweigen zum Geburtstag ist hart.
Dafür der kleine Gruß umso schöner, manche Leute haben ab und an einen lichten Moment.
Tauschen würd ich mit Ihnen aber nicht. Ich hab halbwegs gelernt mit dem Mamazwerg umzugehen und wenns gar nicht geht, hab ich meine Dr. B, die mir manchmal sagt, daß ich was toll gemacht hab. Sie haben uns dafür : )

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Sehr hart. Aber es passt zu ihr. Das ist sie.

Es ist schon gut, ab und zu gesagt zu kriegen, dass man was toll gemacht hat oder eine gute Idee hatte oder eine super Freundin ist. Aber ich denke, dass man vor allem selbst dran glauben muss. Und das gelingt mir zur Zeit recht gut und fühlt sich auch gut an. (Vor allem: Je überzeugter man selbst ist, desto überzeugter scheinen auch die anderen zu sein. - Jetzt mal ganz unabhängig vom Blog.)

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meine mutter ist auch so ganz komisch. vor allem, seitdem ich mein examen gemacht habe und mein eigenes leben lebe. als ich nach hh zog, verspürte ich immer weniger das bedürfnis, mit ihr zu sprechen. denn immer, wenn ich mit ihr telefonierte, hörte ich die immer gleich schlecht gelaunte, jammerige stimme, die nie ein gutes wort fand. sogar wenn ich erzählte, ich habe einen neuen job und verdiene jetzt mehr, kam als erstes und einziges, dass ja bestimmt nur der chef auf mich scharf sei oder dass die mir bestimmt nicht das zahlen würden, was sie versprochen hatten.
ich weiß gar nicht, wie das vorher eigentlich war. ich glaube, mit meinen einsen in der schule und im studium konnte ich sie mit etwas bekanntem beschwichtigen. das kind war objektiv gut, da weit über durchschnitt, und, das wichtigste, besser als das kind ihrer schwester.
gestern musste ich anrufen, weil es was organisatorisches zu klären gab. da beschwerte sie sich, dass ich mich nie melden würde. ich solle doch bitteschön wenigstens ein email schicken. das verstand ich gar nicht, denn meine mutter ist total technikfeind und kennt internet nur vom hörensagen.
jedenfalls wurde mir dann nach dem gespräch verstärkt klar, warum ich so ungern mit ihr telefoniere. ich war sogar richtig stinkig und war versucht, nochmal anzurufen und zu sagen, dass ich kein bock auf ihren wehleidigen tonfall und das ewige schlechtreden habe.
hätte ich mal machen sollen. hab aber zu lange gewartet. wut verpufft, null power.

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wut verpufft, null power.

Mein ewiges Problem. Ich schleppe das Zeug so lange mit mir herum, bis es lächerlich wird, überhaupt nochmal davon anzufangen.

Allerdings habe ich heute eine freundliche Mail zurück gekriegt. Sie will mich anrufen und dann treffen. Und irgendwie scheint mir, dass ich gerade mitmachen könnte. Ein bisschen nett sein, denke ich immer, sollten wir doch beide hinkriegen. Auch wenn's schwer fällt.

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ich schwanke immer so. einmal denke ich: okay, reiß dich zusammen, du bist erwachsen, also sei DU wenigstens freundlich und fair. das andere mal bin ich wieder so verletzt, dass ich mir sage, sie tut dir nicht gut, also vermeide jeden kontakt und denk lieber an dich. ich bin nicht radikal genug, weder radikal freundlich-über-den-dingen-stehend noch radikal egozentrisch. irgendwie.

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