Freitag, 2. Januar 2009

Vor genau einem Jahr habe ich eine Entscheidung getroffen. Die Entscheidung: Leben. Der Anfang war schwer, sehr schwer sogar. Ich habe lange gebraucht, Wochen und Monate, um mich selbst aus diesem Kokon des grauschlierigen Elends, in dem ich so lange gefangen war, zu befreien. Es war ein mühseliger Kampf, ein kräftezehrendes Strampeln, aber ich hatte diese Entscheidung getroffen. 2008 kam leichtfüßig in mein träges, traumloses Dasein gehüpft, nahm mich bei der Hand und ließ mich hochleben, weil jede Faser meines Körpers danach gierte.



Beziehungen sind mein Leben. Und nachdem ich so lange mit mir allein gewesen bin, musste ich hinaus in die Welt und allen verkünden, dass ich wieder da bin, dass ich noch lebe, dass ich wieder mitmachen will. Jeder Anruf und jedes Treffen waren kleine Wunder, die mich mit offenen Armen empfingen. Und neben meinen alten Freunden und Bekannten, gab es auch ein paar neue Menschen, die einfach in mein Leben spazierten und zumindest für eine kleine Weile einen Platz einnahmen, der für den Moment genau richtig und wichtig war.

Mein Vater ist für mich wohl die wichtigste Person in meinem Leben. Ich bin ihm so dankbar für alles. Besonders im ersten halben Jahr, wie auch in den Jahren davor, war er ständig um mich herum, rief fast täglich an, redete mir gut zu, nahm mich mit ins Kino, ins Café, in den Garten, backte mir Pfannkuchen und Kaiserschmarrn und zeigte mir unermüdlich, wie sehr und wie grenzenlos er mich liebt. Auch wenn die Beziehung zu seiner Frau unseren Vater-Tochter-Frieden zur Zeit auf eine sehr harte Probe stellt, wissen wir doch, wie sehr wir miteinander verbunden sind und dass wir beide nicht ohne einander können und wollen.

Und dann gab es noch die Geschichte mit meiner Mutter. Nachdem wir praktisch zwei Jahre lang keinen Kontakt miteinander hatten, schien plötzlich alles ganz einfach. Als ob die Zeit gekommen wäre. Eine Karte, ein paar Emails, ein Anruf, ein Treffen. Wir sind vorsichtig und lieb miteinander umgegangen, geben uns Mühe und es scheint gar nicht so schwer zu sein, gemeinsame Stunden zu verbringen, ohne ständig auf der Hut vor neuen Kränkungen sein zu müssen. Ich bin froh, dass es so gekommen ist, denn ich liebe meine Mutter, trotz der Gemeinheiten, die sie mir früher angetan hat.

Es war auch ein anstrengendes Jahr. Ein Jahr, das ich brauchte, um mich von den Qualen der letzten Jahre zu erholen. Zeit voller Aufmerksamkeit von mir für mich. Die Türkei und London, Ausstellungsbesuche, Museen, Galerien, Kino, Vorträge. Stunden, in denen ich schweigen und trotzdem meine Umwelt wahrnehmen konnte. Es war die Zeit der Entscheidungen und der Taten. Ich habe mir eine Therapeutin gesucht und mich wieder von ihr getrennt. Ich habe den Kloppitreff gesucht und gefunden und bin eine der Personen, die ihn auch heute noch zusammenhält. Ich habe wieder angefangen zu bloggen und viel Spaß am Schreiben gehabt. Ich habe einen Sport gefunden, dem ich vollkommen verfallen bin und der mich glücklich macht.

Zurück ins Leben, auch in Herzensangelegenheiten. Ich habe wieder für Männer schwärmen können. Ein Zustand, von dem ich dachte, dass ich ihn nie wieder erleben würde. Aber gleich zu Beginn des Jahres kam der Lieblingskollege daher und ich habe ihn umschwärmt und verehrt, dass es eine wahre Freunde war. Im Nachhinein bin ich ziemlich sicher, dass er es nicht einmal bemerkt hat, denn in all dem Wunschdenken, waren meine Annährungsversuche wohl doch so dezent, dass ich sicher gehen konnte, nicht plötzlich mit seinem Interesse konfrontiert zu werden.

Und dann platzte zu guter Letzt auch noch der Philosoph in mein Leben und verdrehte mir den Kopf. Er steht dabei nicht nur für eine Person, ein Individuum, sondern auch für eine Leidenschaft, die für mich einen großen Stellenwert besitzt. Er hat das kleine schlafende Dornröschen in mir geweckt, ein Begehren, für das es dieses Jahr nur einen ganz kleinen Platz in meiner Fantasie gab. Aber es ist aufgewacht und das ist die Hauptsache.




Ich bin zurück. Ich lebe wieder. Es ist ein Gefühl, als sei ich wieder ein Ganzes. Das Äußerliche und das Innerliche haben sich wieder übereinander geschoben, auch wenn eine Menge Narben zurückgeblieben sind.

Sieh dich vor, 2009, ich komme!