Montag, 25. August 2008

Mimi gibt keine Ruhe. Sie will endlich den Kollegen kennen lernen. Irgendwie habe ich in den ganzen Monaten nie den Drang verspürt, ein Zusammentreffen herbeizuführen. Mittlerweile ist emotionale Ruhe eingekehrt und damit auch Zeit und Nerv, um einen gemeinsamen Termin zum Kickern zu finden.

Die Begrüßung mit dem Kollegen ist ein Stolperer. Er streckt mir die Hand hin, auf die ich so schnell aber gar nicht reagieren kann und ihn stattdessen ungeschickt umarme, wobei ihm ein leises "äh, ja" entfährt. Als ob er sich ganz plötzlich erinnern würde, dass wir uns schon länger kennen, dass uns vielleicht sogar so eine Art Freundschaft verbindet. Und prompt fällt mir eine andere Begrüßung von ihm ein, zu der er mir nur mit leicht erhobener Hand zuwinkte oder einem Treffen, bei dem er sich mit diesem kumpelmäßigen Schulterklopfen verabschiedete, was ich beides saublöd fand. Erst jetzt merke ich, dass er in diesen Dingen einfach ahnungslos ist. Dass er nicht absichtlich meine Nähe scheut, sondern einfach so ist. Hölzern und ungeschickt.

Auf der Heimfahrt sehe ich Mimi an und warte auf ihr Urteil. Sie hat beim Abschied gleich einen zweiten Termin arrangiert, also muss ihr der Abend gefallen haben. "Richtig nette Jungs", sagt sie. Genau, Jungs. Mimi rückt auf ihrem U-Bahnsitz herum und schaut aus dem Fenster in die dunkle Nacht. "Sie wirken beide so asexuell", sagt sie nach einer Weile und schaut mich fragend an. Ich muss schlucken und nicke dann. Verlegen schaue ich auf meine Knie und bin kurz davor zu fragen, ob ich denn auch so wirke. Dann würde diese Kombination nur umso besser passen. "Die sind so Typen, die niemals den ersten Schritt machen würden, die auch nicht wissen wie das geht." Wir schweigen. "Nicht gut für's Herz", murmelt sie leise. Vielleicht hat sie recht.

Am nächsten Nachmittag sehe ich den Kollegen wieder. Wir basteln zusammen Technikkram und die Stunden vergehen im Handumdrehen. Immer wieder beugt er sich zu mir herüber und schaut auf den Monitor. Immer wieder berühren sich unsere Arme und liegen nebeneinander, ohne das einer von uns wegzieht. Ich spüre seine Nähe, seine Wärme. Es fühlt sich gut an. Aufregend. Kribbelig. Trotz Harmlosigkeit. Ich merke, dass es das ist, was ich mir die ganze Zeit gewünscht habe. Ein kleines bisschen Nähe. Nicht mehr. Auf dem Nachhauseweg merke ich erst, wie verquer meine Bedürfnisse sind. Bloß nicht zuviel. Bloß nicht zu nah. Wahrscheinlich unterscheide ich mich gar nicht so sehr von ihm, nur dass ich geschickter und aufmerksamer bin, was Nähe und Distanz und Alltäglichkeiten angeht.