Mittwoch, 13. August 2008

Understand the things I say, don't turn away from me

Ich habe mich entschieden zu Trauern. Peinlichkeit hin oder her, Blöße hin oder her. Der vermaledeiten Traurigkeit muss der Gar ausgemacht werden, damit es Frieden geben kann. Taten statt warten, hahaha.

'Cause I've spent half my life out there, you wouldn't disagree.

Es gibt eine Runde Gruselgeschichten. Während ich der Frau aus L. von früher erzähle, spüre ich die grollende Unruhe in mir, weil ich genau weiß, dass Tränen kommen müssten. Stattdessen suche ich hastig nach einer anderen Gefühlsregung, überlege ob ich schimpfen, klagen, schreien, meckern, wüten soll.

Do you see me? Do you see?

Aber alles was herauskommt ist mickrig und klein. Mein Ebenbild. Von außen betrachtet ist dieses Schauspiel kaum zu ertragen. Ich möchte mich am liebsten nehmen und schütteln, anschreien und in die Ecke feuern, weil mich diese Art der Passivität unerträglich aggressiv macht.

Do you like me? Do you like me standing there?

Irgendwo zwischen den Worten hockt der Ärger und streckt mir eine lange Nase entgegen. Auf meinen Vater, den armen Kerl, der immer auf diese grässlichen und unheilverbreitenden Schrapnellen hereinfällt. Aber ein paar Fragen bleiben offen und die Frau aus L. hackt hartnäckig mit sanfter Stimme auf dem pochenden Schmerz herum. Warum hat er mich damals nicht in Schutz genommen vor meiner Mutter? Warum hat er nicht mit der Faust auf den Tisch gehauen und ihrem Treiben Einhalt geboten? Warum hat er ihr erlaubt, mich ihm wegzunehmen und mich weiter zu quälen? Warum tut er heute meiner kleinen Schwester genau dasselbe an?

Do you notice? Do you know?

Etwas knackst laut und der Riss bahnt sich langsam ein Stück weiter seinen Weg. Stärke und Schwäche, Liebe und Abscheu, Verantwortung und Loslassen, schmerzende Einsamkeit und unerträgliche Gemeinsamkeit. Der Schmerz zieht sich langsam durch meinen Körper. Papa. Ich will ihn nicht so sehen wie ich ihn sehen muss. Ich schlucke schwer, aber es kommt keine Träne. Nicht eine.

Do you see me? Do you see me?

Ich kann meine Traurigkeit nicht finden, obwohl sie mich immer begleitet. Könnte ich doch nur die Kraft, die ich dazu benutze, die Tränen zurückzuhalten, in Wut umwandeln. Wut ist Energie. Wut bewegt. Aber meine Traurigkeit ist ein dicker Klops. Auch er wandelt sich von Zeit zu Zeit. Aber leider immer nur in in dieses tiefe dunkle Meer aus Verzweifelung.

Does anyone care?

50 Minuten und kein Schritt vor, kein Schritt zurück. Immerhin bin ich danach traurig genug, um zwei Tränen zu weinen. Und mich anschließend für mich selbst schämen.

(Cranberries. Ode To My Family)