Dienstag, 24. März 2009

Die Ratten verlassen das sinkende Schiff.
(Redensart)

Jetzt wollen die Arschlöcher der Anstalt Anstaltsleiter den schönen Schein wahren und zum Dank für die getane Arbeit eine Lage ausgeben. Es scheint, als sollte der Schmierenkomödie nun offiziell die Narrenkappe aufgesetzt werden.

Nein, nein, nein, ohne mich. Wie sehr müsste ich heucheln, um die einzwei Stunden zu überstehen.

Fragt sich nur, ob ich mich galant aus der Affäre schummele oder halbwegs ehrlich bleibe.

(So müde. So erschöpft. Beschuss von allen Seiten.)


 

Samstag, 7. März 2009

Vor genau einer Woche schickte Mimi nach einer 2-minütigen Zufallsbegegnung eine SMS: "Kleines, kann ich irgendwas tun, damit du nicht so traurig bist?". Konnte sie nicht. Aber die Geste tat meinem Herzen gut und das Wissen darum, eine Freundin wie sie zu haben.

Es war mein letzter Arbeitstag in der Anstalt nach dreieinhalb Jahren. Der Abschied fiel verdammt schwer, trotz lieber und wohlmeinender Worte, trotz der vielen Komplimente und mutmachenden Fantastereien über meine blühende Zukunft, trotz Rosen, Tulpen und Ranunkeln in den leuchtendsten Farben.

Der Befreiungsschlag ist geglückt. Ich brauchte nur ein Wochenende und eine dicke Erkältung, um die neue Leichtigkeit zu spüren. Als wären ganze Felsbrocken von meinen Schultern gefallen, die ich zuvor mühsam, aber ohne es zu merken, Tag für Tag mit mir herumgeschleppt habe.

Meine Welt dreht sich weiter. Was sich in meinem Hirn zusammenbraut, lässt mich kaum schlafen und deshalb sind die Nächte verdammt kurz und die Tage anstrengend. Es gibt viele Impulse von außen, Gespräche, Rückmeldungen, Ideen, die mich inspirieren, die meine Vorstellungskraft so sehr anregen, dass ich mühelos über meine selbstgesteckten Grenzen blicken kann. Was ich dort sehe macht mir Lust auf mehr und deshalb verbringe ich die Tage damit, zu telefonieren, zu recherchieren, Rücksprache zu halten, in mich zu gehen, nachzuspüren, abzuwägen.

Allen, denen ich von meinem Plan erzähle, trauen mir diesen neuen beruflichen Schwerpunkt zu, trotz der Verantwortung, die er mit sich bringen wird. Keiner zweifelt an mir oder sagt es zumindest nicht offen. Früher war dieser Weg ein Wunschtraum, den ich mich niemals umzusetzen gewagt hätte, aber jetzt scheint er zum Greifen nah. Ich spüre, dass mein berufliches Interesse wieder erwacht, welches ich längst verloren glaubte.

Und ja: Menschen. Dabei spüre ich doch tagtäglich, dass sie meine größte Leidenschaft sind.

(Jetzt nur noch klären, woher der benötigte Geldsegen kommen könnte. Also Mama fragen, Papa fragen, Sparschwein schlachten.)


 

Mittwoch, 25. Februar 2009

Auch wenn das Unglück groß ist, schätze ich die Erleichterung nachdem ich meine Entscheidung getroffen habe. Vor allem, weil es sich nicht um einen Schnellschuß handelt, sondern weil es sich ganz und gar richtig anfühlt, weil ich mir wieder ins Gesicht sehen kann. Es ist eine Entscheidung gegen die Arschlöcher in dieser Welt.

Aber es ist Fakt: Ich bin bald wieder arbeitslos. Das ist nicht schön, nein, im Gegenteil, es ist sehr schlimm. Es tut weh und schmerzt gewaltig, denn ich bekomme schon jetzt, bevor es überhaupt soweit ist, zu spüren, womit ich in der nächsten Zeit zu kämpfen haben werde. (Willkommen zurück, Mistvieh.)

Ich muss meine Kolleginnen zurücklassen. Diese intelligenten und tollen Frauen, von denen ich immer wieder eine gefunden habe, die mich ins Café, ins Kino, ins Theater, auf Ausstellungen begleiteten. Diese warmherzigen und schönen Frauen, von denen ich so viel weiß: über ihre Hoffnungen und Ängste, über ihre Hobbys und Freunde, über ihre Männer und Kinder. Sie werden mir schrecklich fehlen. Jeder Gedanke daran, dass ich sie schon in wenigen Tagen nicht mehr täglich sehen werde, lässt mir die Tränen in die Augen steigen. "Ausgerechnet du, die alle mögen", flüstert Kollegin1 entsetzt und ich will es nicht hören. "Die Frau mit dem ganz großen Herzen", murmelt Kollegin2 und schaut ganz unglücklich drein, als sie mich in die Arme schließt. "Unser kleiner Sonnenschein", schnieft Kollegin3 und dreht sich weg, weil alles weh tut. Ich bin gerührt und ja, ich weiß, wie sehr sie mich mögen. Sie haben es mich oft spüren lassen, sehr oft. Und ohne sie wäre ich schon längst nicht mehr dort.

Trotzdem. Dieser Kampf war lang und hart und hat mich unglaublich viel Kraft gekostet. Seit der Lieblingskollege damals gegangen wurde, war mir klar, dass ich dort nicht mehr glücklich werden kann. Orte, an denen Menschen schlecht behandelt werden kann ich nicht ertragen. Also gehe ich. Ich gehe. Jawohl.


 

Dienstag, 20. Januar 2009

Immer wieder ertrage ich das fiese Hintenherum, die unausgesprochenen Drohungen, die beleidigenden Grenzüberschreitungen von oben. Ihr Handeln ist mir so fremd, dass ich bei jedem Schlag starr bin vor Schreck und Erschütterung über die Niedertracht und Bösartigkeit dieser Machtmenschen.

Innerliche Aufgabe. Ich kann nicht mehr.

Montag freigenommen. Gedanken machen. Bewerbungsunterlagen ordnen.

Scheiße.


 

Samstag, 18. Oktober 2008

Ende Mai hat der Lieblingskollege im Zuge seiner Kündigung einmal kurz mit mit Schmackes die marode Oberfläche der Anstalt angepiekt. Dank der darunter liegenden Fäulnis im System begann es zu stinken. So sehr, dass sich der faulige Geruch auch nach Monaten nicht verziehen wollte. Im Gegenteil. Die Wunde, die er im Gehen hinterlassen hat, wollte sich einfach nicht schließen. Stattdessen hat sie sich entzündet, wurde größer und breiter und grub sich langsam aber stetig in die Tiefe.

Die Beteiligten sind zähe Biester. Hartnäckig und stoisch ertrugen sie die Schmerzen ohne Wehklagen. Aber was unter der Oberfläche gärte, suchte sich seinen Weg und so kam es zu einem stillen aber heftigen Kampf, bei dem es nur um Sieg oder Niederlage ging, ohne Rücksicht auf Verluste. Das Fußvolk spürt derweil die schlechten Schwingungen, aber der Kriegsschauplatz lag im Dunkeln und so blieb eine unendliche Weite für Spekulationen aller Art, die das System lähmte.

Der lang erwartete Knall kam diese Woche. Und er war so heftig, dass sich die Insassen im Schockzustand befinden. Immerhin gab es ein faszinierendes Schauspiel gratis. Menschliche Abgründe der Macht. Staunend und mit angehaltenem Atem sehe ich mir an, wie es aussehen kann, wenn jemand mit einem herzlich-warmen Lächeln und ein paar Kullertränen in den Augen jegliche Loyalität über Bord wirft, dann von Freundschaft faselnd einem am Boden liegenden Menschen das Gesicht blutig schlägt, um sich anschließend in einer rührenden Predigt über "Vertrauen" und "Zusammenhalt" die blutigen Hände an der Hose abzuwischen. Alle Achtung. Was für ein großes Kino.


 

Montag, 22. September 2008

Montag Morgen. Montagmorgen. Das Aufstehen fällt schwer. Und schwerer noch, als ich mich nach der warmen Dusche mit einem Handtuch um den Körper geschlungen auf die Bettkante setze und dann doch wieder hochkommen muss. Der Zahn tut weh, mehr noch als gestern und irgendwie scheint mein ganzer Körper ganz und gar nicht bereit für eine neue Woche zu sein. Aber Ruhe ist unmöglich, denn die Arbeit ruft so laut, dass es in meinen Ohren dröhnt und jeder Gedanke an kuschelige Daunen konsequent beiseite geschoben werden muss.

Ich mag es, wenn es in der Anstalt ein bisschen stressig zugeht, denn so arbeite ich am besten. Dummerweise ist der Stress zur Zeit unverhältnismässig intensiv und unausweichlich. Und so muss ich vernünftig nicken, als mir der Urlaub verweigert wird. Und so muss ich schlucken, als auch meiner Bitte, nach Erledigung des Auftrags ein paar freie Tage zu gewähren, abgelehnt wird.

Mittwoch wird die Arbeit abgeschlossen sein, da gibt es kein Pardon. Und wenn ich dann wirklich nicht frei bekomme, werde ich eben krank. Da kann ich nichts dafür, das ist immer so. Die Schlappheit, Kopf- und Zahnschmerzen kommen doch allesamt daher, dass die Wochenenden für eine angemessene Erholung schon längst nicht mehr ausreichen.

Müde. Kaputt. Und trotzdem immer bis zum Anschlag.


 

Freitag, 22. August 2008

Ich wollte immer gerne schreiben. Aber leider bin ich ein Feigling mit wenig Selbstvertrauen. So habe ich in dem Wunschtraum geschwelgt, dass die böse Oma Krokodil irgendwann mal sagen wird: "Schreib!". Ein einziges Mal war ich mutig genug und habe gefragt, ob ich vielleicht und eventuell auch mal darf. Ich wurde nicht gehört und im gleichen Atemzug wurde prompt die einschüchternde Standardparole wiederholt, dass unsere Schreibe diese besondere Art hat, die so lockerflockig daher kommt, wo aber so viel hintersteckt. Die Blahblah-Arroganz des Chefsessels.

Der Lieblingskollege wurde mittlerweile ersetzt und die Karten neu gemischt. Es ist genau die Zeit, in der man mutig sein muss. Jetzt darf ich also schreiben, sagt die böse Oma Krokodil. Juhu.


 

Dienstag, 3. Juni 2008

Der Schreck über die sich überschlagenden Ereignisse sitzt tief. Wie gelähmt schiebe ich bei der Arbeit ein Papier über das andere, tippe ein paar Zeilen, breche ab, was ich gerade mache und frage mich, wozu ich überhaupt noch hier sitze. Keiner weiß, wie es weitergehen soll, ohne ihn.

Je klarer mir seine Gründe werden, je genauer er mir erklärt, warum er handeln musste, wie er handelte, desto entsetzter bin ich über die Zustände des Gesamtgefüges. Über meine Ignoranz und die vorangegangene Unfähigkeit, mich anderweitig umzuschauen, trotz des Wissens, wie krank mich die Arbeit machte, bevor der Lieblingskollege dort anfing. Nun fehlt er mir nicht nur als Mensch, den ich über alle Maßen schätze, der mir viel beigebracht hat und der mir eine ordentliche Lektion Gelassenheit mit auf den Weg gegeben hat, sondern er fehlt auch in seiner Rolle als Retter und Beschützer vor der bösen Oma Krokodil. Und genau deswegen plagt mich jetzt auch Enttäuschung und Wut darüber, dass er mich einfach allein gelassen hat, in diesem Theater.


 

Dienstag, 3. Juni 2008

Missverständnis, Abmahnung, Kündigung.

Manchmal bekommt man innerhalb kürzester Zeit eine Lektion in Dingen, die man lieber gar nicht wissen will. Zum Beispiel wie die Chefetage ungewollt, wegen eines hausgemachten Missverständnisses, einen seiner besten Mitarbeiter los wird.

Nur dumm, dass es ausgerechnet mein Lieblingskollege war.


 

Sonntag, 6. April 2008

Die Mail aus der Anstalt enthält zwar nette Worte meines Lieblingskollegen, aber auch die Mitteilung, dass unser Projekt nächstes Jahr nicht verlängert werden wird.

Ich sehe mich schon wieder mit Depressionen den Kopf in den Sand stecken und lethargisch ausharren. Worauf, das ist ja immer ein ganz grosses Geheimnis. Auf bessere Zeiten vielleicht. Auf das an die Tür klopfende Glück. Auf das Ende auch, irgendwie. Scheissendreck, verdammter.