Montag, 8. Dezember 2008



Mimi lacht, als ich mit Daumen und Zeigefingern ein Herz forme und es auf die schwarze Tischplatte vor mich lege. Dann seufzt sie und ich auch und wir heben unsere Gläser und prosten uns zu. "Auf den Philosophen", sagt sie. "Auf den Philosophen", sage ich.

Es gibt Käse, Antipasti, Baguette, Wasser und Roséwein. Wie jede Woche. "So ist das, wenn man Spießer wird", sagt Mimi lakonisch und piekt mit der Gabel erst in eine Olive, dann in eine Cashewnuss und steckt sich beides in den Mund. "Langsam werden wir unflexibel, oder?", sinniert sie, ohne eine Antwort zu erwarten. Ich schiebe den Schimmelkäse in ihre Richtung und schweige. "Das ist vermutlich die richtige Zeit zum Heiraten", fügt sie hinzu und ich drehe das Weinglas im Licht hin und her und will mir am liebsten die Ohren zuhalten. Heiraten. Püh.

Sie will wissen was los ist. Wie es mir geht. Mit ihm und allgemein. "Es ist Irrsinn", gebe ich zu. Irrsinn der mich glücklich und traurig macht, mich ablenkt, mich anzieht, abstößt, ausfüllt und wieder zurückweist, der mein Begehren und meine Hoffnung weckt und wieder nimmt, mich demütigt, mir Kraft gibt, mich verzaubert, mich elektrisiert und mir den Kopf verdreht. Mimi schaut mich mit diesem bemitleidenden Jetzt-dreht-sie-völlig-durch-Blick an. "Er wird dir das Herz brechen", ist das einzige was sie sagt und ich nicke und trinke und grinse in mich hinein.

Wir reden über die Arbeit, Sport, gemeinsame Freunde. Kurze Pause. "Sag mal", beginne ich vorsichtig ein neues Thema und spüre sofort ihren aufmerksam-fragenden Blick. "Glaubst du, ich suche mir die Männer deswegen aus, weil ich sie nicht haben kann?" Mimi wird geschäftig, schweigt aber zunächst. Gießt, anstatt zu antworten, erst Olivenöl, dann Balsamicoessig auf einen Teller, streut Salz darüber und greift nach der Pfeffermühle. "Nein", sagt sie dann , während sie Weißbrot in die Mischung tunkt. "Nein, so ist es nicht. Du willst einen Mann nicht nur aus der Ferne anschmachten", erklärt sie in ernstem Ton und ich nicke zustimmend, denn genau das denke ich auch und war mir zwischenzeitlich doch nicht mehr sicher. "Könntest du den Philosophen haben und gäbe es nicht diesen einen guten Grund", fährt sie fort, "würdet ihr ein Paar werden." Ich schlucke schwer und will ihr so gerne glauben. "Ein Paar werden...", sage ich langsam und wünsche, dass sie recht hat, auch wenn es im Grunde einerlei ist, ob es sich bei dieser Hoffnung um Realität oder Phantasiegespinst handelt.

"Mein Problem: Ich mag dich zu sehr", tippe ich später ins Handy und es ist mir vollkommen egal, ob er mich für verrückt hält, heimlich über mich lacht oder es sonstwie lächerlich findet. "Ich weiß", schreibt er zurück und ich lasse mich seufzend in die Kissen sinken, denn mehr gibt es eigentlich nicht zu sagen. Den Gutenachtgruß denke ich mir.

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Was ich davon halte, weißt du ja. Schließe mich einem Vorredner an: Achte auf dich. Ich mag mir werte Menschen nicht in Einzelteilen sehen müssen.

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Erstens achte ich immer auf mich, zweitens verstehe ich das mit den Einzelteilen nicht.
Das Einzige, was am Ende zerfleddert in der Gosse liegen wird, ist mein Herz. Aber sei es drum. Großes habe ich mit dem Teil in diesem Leben eh nicht mehr vor.

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Das sagst du jetzt.

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Sagen Sie das nicht! Sie müssen großes mit Ihrem Herz tun, denn Ihr Herz ist groß...

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Das Ding ist einfach nicht klein zu kriegen. Selbst nach Jahren tut es noch gute Dienste, was meine Begeisterungsfähigkeit für Menschen angeht. Ich pass schon auf.

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... Mitreden!