Dienstag, 23. Dezember 2008

Der Schlacks kam Ende 2004 und ging Anfang 2005, direkt bevor sich das große Elend in meinem Leben breit machte. Wir chatteten zwei Abende lang und fanden ziemlich schnell eine in der Vergangenheit liegende Gemeinsamkeit heraus. Es war der ultimative Pluspunkt. Ähnliche Sozialisation, viele Gemeinsamkeiten, einfacher Gesprächsfluß ohne viel Klärungsbedarf. Wir fanden uns gut. Es war so einfach.

Wir verabredeten uns. Er brauchte eine CD, die ich ihm ausleihen wollte, also kam er vorbei. Es folgten ein paar Wochen, an denen wir uns täglich sahen und viel redeten. Über früher, Kindheit, Eltern, Schule, über seine Promotion, über meine Arbeit, über Beziehungen, Freunde, Sexualität, Zukunftsplanung, Enttäuschungen und die große Liebe. Den Rest der Zeit verbrachten wir im Bett. Ich war irritiert darüber, wie wenig es mir mit ihm gefiel. Ich fand ihn attraktiv und begehrenswert, aber wir passten nicht zueinander. Egal, dachte ich störrisch, das wird schon. Ich zelebrierte stattdessen das tagtägliche Zusammensein. Das gemeinsame Kochen, Reden, Teetrinken, Herumalbern, Vorlesen, Fernsehen, Toben und zusammen Einschlafen.

Der Knall kam wenige Wochen später. Ich wollte ihn. Er wollte mich nicht. Ich wollte eine Beziehung. Er wollte Freundschaft mit Sex. Ich lehnte ab und wir sahen und hörten uns lange Zeit nicht wieder.

Zwei Jahre später kam sein Anruf unerwartet. Er lebe jetzt in einem anderen Land, würde viel Geld verdienen und hätte gute Aufstiegschancen, erzählte er. Nun sei er in der Stadt und wolle mich sehen. Aber ich saß tief versunken in meinem Schlammpfütze, hörte aus der Ferne seine Worte, erinnerte mich dunkel an unsere Begegnung und erfand eine Ausrede, warum ich keine Zeit hätte und überhaupt.

Google sei Dank bekomme ich seine Mailadresse heute auf den ersten Klick. Ob er Weihnachten in die Stadt kommt. Ob wir uns treffen.

Mein Telefon klingelt nur wenige Stunden später. Der Schlacks ist dran. Das Reden fällt uns noch immer so leicht wie bei unserem Kennenlernen und anstatt uns kurz auf einen Termin zu einigen, reden und reden wir. "Lass uns lieber am Abend treffen, dann haben wir mehr Zeit", schlägt er mein Frühstücksangebot aus und lacht dabei ein bisschen unsicher. In Gedanken schiebe ich meine Verabredungen in eine neue Reihenfolge und sage zu.

"Der Sex war damals mies", erinnert mich Mimi spitz, als ich ihr von der Verabredung erzähle. "Ich würde halt gerne mal wieder knutschen", sage ich und sie nickt zufrieden. Weihnachtsknutschen also. Wenn das kein guter Plan ist.