Freitag, 9. Mai 2008

Er will nicht.

Immerhin war es eine Absage durch Gesten, was im Nachinein vielleicht nicht ganz so schmerzen wird, wie eine ausgesprochene Wahrheit. Harte und wahre Worte will ich nicht hören.

Am Wochenende zusammenrollen und Wunden lecken.


 

Donnerstag, 8. Mai 2008

Der Grunz des Tages.


 

Mittwoch, 7. Mai 2008

Mimi und ich kennen uns seit über 20 Jahren. Freundinnen wurden wir erst Jahre später. Heute ist Mimi die Frau, die mich am besten kennt, auch wenn ich vieles verschweige, was ich ihr eigentlich erzählen sollte. Der Begriff "beste Freundin" passt nicht so recht auf uns, denn dafür fehlt wohl ein Stückchen Offenheit, aber was sind schon Worte, wenn die Zeit und das Gefühl stimmt. Unsere Cafébesuche finden wöchentlich und mit einer Regelmäßigkeit statt, dass sie fester Bestandteil in unseren Leben sind.

Geteilte Geschichte. Studienzeit, Abschlüsse, strapaziöse berufliche Entwicklungen, Umzüge in schöne und hässliche Wohnungen, Affären, Liebschaften, Beziehungen, Zusammenziehen und Trennen, Familienkram mit unseren Eltern und Geschwistern und sehr viel gemeinsam verbrachte Zeit. Es ist gut, Mimi in meinem Leben zu haben, weil sie eine Konstante ist, die alles zu überdauern scheint, die alles erträgt, mitleidet, sich für mich freut und mir in den Arsch tritt, wenn es sein muss. Genau wie umgekehrt.

"Ok", sagt Mimi, als wir uns im Café gegenüber sitzen, "zeig mal die Bilder!" Ich wühle in meiner Tasche und reiche ihr zwei Farbdrucke mit dem Gesicht vom Lieblingskollegen. "Der ist ja blond", quietscht sie los und sieht mich entsetzt an. "Hmja", murmele ich. Was bedeutet schon eine Haarfarbe, wenn er strubbelige Monchichihaare hat, die ich am liebsten zerwuscheln würde, in denen ich meine Nase vergraben will und deren Farbe mir letztendlich doch egal ist. "Dafür kann er entzückende blonde Kinder machen", werfe ich mit einem grinsenden Strahlen ein und sie nickt zustimmend. "Er sieht echt nett aus", fährt sie versöhnlich fort. Ja, er sieht verdammt nett aus. Freundlich, lustig, melancholisch, nachdenklich, charmant. Er hat lachende Augen und einen schönen Mund. Sie zeichnet mit dem Finger seine Gesichtsform nach und sagt ernst: "Jetzt wird es Zeit, dass du ihn systematisch um den Finger wickelst.“ Wir schauen schweigend auf das Foto, das vor uns auf dem Tisch liegt, dann schaut sie mich an. „So was", sagt sie und zieht am Ärmel meines Hemdes "kannst du nicht mehr tragen. Das sieht nicht sexy aus. Ab jetzt nur noch tiefe Ausschnitte und rote Lippen. Und lass die Brille weg", sagt sie und grinst vielsagend. Ich stöhne auf und muss doch lachen. Aber sie gerät gerade erst in Fahrt. "Und wie sieht's an der Unterwäschefront aus?", fragt sie forsch. "Mimi!" Ich bin ein bisschen verdattert und will diesen Gedankengang auch gar nicht weiterführen. "Geh einkaufen...", sagt sie weise und dann muss ich ihr erst einmal erklären, dass ich nicht vor habe, mich überhaupt auszuziehen. "Er ist doch mein Kollege!", erinnere ich sie. "Ja, ich weiß, du willst nur Händchen halten und deine Nase in seine Halsbeuge stecken." Sie stöhnt und ich grinse sie an. "Wenn ihr erstmal soweit seid, kommt der Rest ganz automatisch und es wird alles gar kein Problem sein", sagt sie, unromantisch, berechnend und luderlike. Das hätte ich früher auch gesagt, aber heute scheint alles anders, schwieriger und komplizierter. Und ich bin voller Hemmungen und Selbstzweifel.

"Morgen rufst du ihn an und fragst, wann ihr euch seht", sagt sie zum Abschied. "Klar", nicke ich, weil der Dienstagabend als Anruftermin schon seit Sonntag feststeht, weil ich diese Fixpunkte zum Festhalten brauche. "Und denk dran, ich will ihn bald angucken." Ich nicke. Sie wird ihn mögen. Ich mag ihre Männer und sie mag meine Männer, so war es schon immer, ganz ohne Ausnahme, denn wir haben beide einen guten Geschmack, auch wenn das Haltbarkeitsdatum über ein paar Jahre nicht hinausreicht.

Die Gedanken, die Vorstellungen, sind zart und zerbrechlich, alles muss langsam und vorsichtig geschehen. Ich weiß nicht, was ich will. Vielleicht, weil ich so große Angst vor den großen Gefühlen habe. Vor Nähe und Sehnsucht, vor Liebe, Intimität und dem ganzen unerträglichen Pärchenquatsch, der so verdammt romantisch sein kann.


 

Montag, 5. Mai 2008

Nach Hause kommen und sich ein Loch in den Bauch freuen, weil er gemailt hat. Und dann steht da auch noch etwas von einem "nächsten Mal".

Jetzt einmal schnell das Leben knutschen.


 



Innerhalb von 24 Stunden kann ich mich problemlos von Hoffnung zu Verzweifelung und wieder zurück denken. Die vielen gemeinsam verbrachten Stunden der letzten Tage machen mich noch unsicherer als zuvor. Und dank mangelndem Selbstbewußtsein, kann ich überhaupt nicht mehr einschätzen, was nun gut und was nicht gut gelaufen ist, was mich hoffen lassen könnte (auf was, weiß ich selbst nicht...) und ob es vielleicht schon eindeutige Signale der Absage gegeben hat. Dafür ein ständiges Kreisen um die Vorstellungen, was wohl seine Freunde von mir halten, was sie jetzt über mich sagen, was er dazu denkt. Je länger und häufiger ich diese Dinge in Gedanken durchspielte, desto übler fällt das Urteil aus.

Letztendlich der kinkysche Schluß: Nun will er nichts mehr von mir wissen. Wegen x und y und z. Und dann die Rückkehr zur eigentlichen Einsicht: Wie komme ich nur auf eine akute und kurzfristige Zwischendurch-Schnapsidee, er könnte tatsächlich mehr als ein freundschaftliches Interesse an mir haben.


 

Donnerstag, 1. Mai 2008


14 x 1. Mai. Mein Vater machte Frühstück, während im Hintergrund Ton Steine Scherben liefen, von denen wir alle Texte auswendig kannten und mitsangen, laut und schief, aber mit fröhlichem und ausgelassenem Lachen in Gesicht und Herz. Anschließend ging es los zur Demo, wir trafen seine Freunde und Arbeitskollegen und jemand rollte ein Transparent aus. Jedes Jahr erfasste mich wieder dieses Gefühl der Solidarität, dieses mitreißende Demo-Gefühl, das ganz eng mit meinem Vater verbunden war, der mich daran teilhaben ließ. Als ich noch klein war, dürfte ich von den Schultern meines Vaters die Welt betrachten und als ich groß war, küßte er mich mittags zum Abschied und sagte, dass ich bei der anderen Demo auf mich aufpassen soll. "Nicht vermummen, nicht plündern, keine Steine schmeißen". Nein Papa, natürlich nicht. Und bis auf ein einziges Mal habe ich mich auch daran gehalten.

Diese Jahre liegen heute verwischt in der Vergangenheit. Nur Eines sticht heraus, ich war 14 Jahre alt, meine Mutter längst ausgezogen. Die andere Frau lag in seinem Bett und kam einfach nicht zum Frühstück in die Küche, obwohl mein Vater sie mehrmals rief und dann nochmal und nochmal zu ihr ging, weil sie doch mitkommen dürfte zu unserem 1. Mai-Ritual. Irgendwann konnten wir nicht länger warten und verabschiedeten uns. Sie sprang wütend aus dem Bett, fing an zu schreien und zu toben und mein Vater schob mich aus der Wohnungstür und die Treppen herunter und war sehr ärgerlich. Auf der Straße hörten wir sie immer noch, nun am Fenster stehend, und ich sah etwas aus der Luft auf uns zukommen, Sekundenbruchteile, und dann dieser ohrenbetäubende Knall, der direkt vor uns zersplitternden Glaskanne. Es war unser letzter gemeinsam verbrachter 1. Mai.

Wir gehen schon seit Jahren nicht mehr zusammen zur Demo. Aber in Gedanken sind wir an diesem Tag wohl immer beim anderen, auch wenn ich heute mit dem Lieblingskollegen und einer anderen Freundin unterwegs sein werde und mein Vater den Tag in Köln bei seiner vielleicht-neuen Freundin verbringt. Ich weiß genau, dass er mich heute Abend anrufen wird um sich zu erkundigen wie mein Tag war, mit Demo und Maifest und dem Kollegen und ich freue mich, dass wenigstens dieses kleine Ritual am Telefon beibehalten wird.