Dienstag, 21. Oktober 2008

I can show you the world
Shining, shimmering, splendid
Tell me, princess, now when did
You last let your heart decide?

(Aladdin. A Whole New World)

In den letzten zwei Wochen war ich damit beschäftigt mir den Lehrer auszureden. Ich war schon früher gut darin, Herzensangelegenheiten in die Richtung zu steuern, in denen ich sie haben wollte. Wenn der Verstand eine Entscheidung getroffen hat, bete ich sie mir so lange vor, bis auch das Herz dran glaubt und das ist eine häufig erprobte und effektive Angelegenheit.

Party-Samstag. Zur Einstimmung schallt die Musik laut durch meine Wohnung, während ich aufgeregt und hektisch die entsprechenden Vorbereitungen treffe. Salat zubereiten. Duschen. Anziehen (ein Drama). Kleid oder Rock? Ringel oder Ajour? Stiefel oder Riemchenschuhe? Puh. Als ich schließlich die Tür hinter mir ins Schloß ziehe, gleichen die Räume dahinter einem Schlachtfeld.

Der Lehrer ist Gastgeber und begrüßt mich herzlich. Die Umgebung ist mir vertraut und alles fühlt sich leicht und gut an und das erwartete Hilfe-ich-bin-ein-Alien-Gefühl bleibt aus. Stattdessen tue ich so, als wäre es ganz normal allein auf eine Party zu gehen, wo man außer dem Gastgeber niemanden kennt. Ich beginne ein Gespräch mit einem Fremden und treffe dann tatsächlich noch zwei alte Bekannte. Es sind die Glücksgefühle, die mich immer wieder zum Lachen bringen. Mein armes Gegenüber fragt sich wahrscheinlich, welche illegalen Substanzen sich in meinem Mineralwasser befinden. Dann brauche ich aber doch noch ein bisschen Aufmerksamkeit und stelle mich dem Lehrer gegenüber. Ich lächele ihn an, blicke in seine warmen Augen, fange an zu erzählen, frage ihn nach seinem Leben, rede, höre zu, scherze und bringe ihn zum Lachen. Ich weiß, dass ich strahle und mir meine Lebensfreude aus allen Poren quillt. Er kann nichts dagegen tun und muss zurück grinsen. Jetzt reich mir deine Hände, denke ich, und lass uns ein Stück Weg zusammen gehen. Aber zum Glück hört er mich nicht, denn romantischer Kitsch ist nicht mein Ding, wenn es erst einmal ernst wird.

Es ist noch früh, als die Party zu Ende geht, also muss der Abend an einer anderer Örtlichkeit fortgesetzt werden. Ich klingele per Telefon den Monsieur aus dem Bett, dem ich meine Bedürftigkeit mitteile: "Rotwein!". Er ist ein guter Mensch und läßt sich bereitwillig davon überzeugen, dass ein Spontanbesuch eine fantastische Idee ist. Dort angekommen, kann ich nicht stillsitzen und springe und hopse durch seine Wohnung. "Du bist total gaga", teilt er mir nüchtern mit und ich nicke bekräftigend. "Komm, trink erstmal einen Schnaps", sagt er schließlich und ich gehorche. Aber wie soll man sich zusammenreißen, wenn im Bauch tausend schwirrende Hummeln einen kleinen Aufstand veranstalten?

Ich bin verliebt ins Leben und das ist schwer in Worte zu fassen. Also lässt mich der Monsieur herumhibbeln und holt schweigend seine Kamera. Beim Fotografieren muss man nicht viele Worte machen, was auch besser ist, denn ich bin zu nichts zu gebrauchen. Und dann gibt es eine Menge roter Wangen, verschmierter Lidstriche, geringelter Beine, gestiefelter Füße und ganze viele verwackelte Bilder, weil ich ewig brauche, um mit dem Gezapple aufzuhören und ihm schweigend meine Beine entgegenzutrecken. Aber langsam kommt die Schwere der Nacht und die Müdigkeit mit ihrer Ruhe. Denn irgendwann muss man auch mal schlafen.