Dienstag, 18. März 2008

Selbsthilfegruppe. Igitt, was für ein scheußliches Wort. Was soll einem schon in den Sinn kommen, außer einem Haufen gestörter Kloppis, die keine Freunde haben und mit gequälten Mienen vor ihren Wassergläsern sitzen, aufgereiht um einen Ikeatisch in trostloser Umgebung, in dessen Mitte ein Teller mit vertrockneten Aldi-Keksen aus der Blechdose steht. (Na Sie wissen schon, diese mit Hagelzucker bestreuten Brezeln und so, ja genau, die in den kleinen Papierbehältern.) Aber Kekse müssen sein, schließlich will man es sich zusammen ein bisschen nett machen, auch wenn das Thema ernst zu werden verspricht.

Vorstellungsrunde ohne Fluchtweg. Name, Alter und der Grund des Kommens. Natürlich duzen wir uns, schließlich sind wir hier ganz unter uns und schließlich werden wir uns alle ausziehen, früher oder später, also los, los, machen Sie sich bitte mal frei, nur keine falsche Scheu.

Jeder darf, ganz nach Belieben, betroffen in die Runde gucken und alle dürfen zustimmend nicken, denn schließlich ist das Schicksal hart und wir wissen genau was der andere meint, jawohl, wir kennen es alle, weil wir uns damit beschäftigen solange wir denken können. Warum wir dann noch reden müssen? Keine Ahnung.

Die Eine in der Ecke kriegt kaum ihren Namen heraus, es ist schließlich alles so aufregend, ohje, und alle dürfen sich gratis eine Runde fremdschämen. Oder nein, streichen Sie das aus dem Protokoll, denn hier ist nicht der Ort für Scham und Peinlichkeit, hier sind wir Gleiche unter Gleichen und dürfen ganz frei reden, uns frei fühlen und offen sein, ganz offen und den Gefühlen freien Lauf lassen und wenn einem nach Weinen ist, dann weint man eben, weil es hier ein liebevolles Weinen und kein gemeines Heulen und kein Rumgeplärre ist.

Naja, ich hab mich jedenfalls trotzdem bei der Gruppe angemeldet. Dass Sie es nur wissen. Also sagen Sie jetzt bloß nix Falsches.