Montag, 23. Februar 2009

Ich geh durch die Straßen und ich frier dermaßen,
doch der Sandmann verkauft nur noch Seifenblasen.




Das Wetter ist so unbeständig wie meine Stimmung. Tage und Nächte sind vollgepackt mit Aktivitäten. Sie bringen Wiedersehen, Umarmungen, Freude, bringen Kunst, Musik & Natur, bringen stundenlange, leichte & tiefe, optimistische & nachdenkliche Gespräche, die sich gut anfühlen. Die Menschen um mich herum tun mir gut.

Aber am Ende, immer wenn ich nach Hause komme, wenn die Ruhe kommt, riecht es nach Einsamkeit. Nach fieser und gemeiner Einsamkeit. Jedes Mal siegt das Gefühl, schlußendlich alleine dazustehen und nicht zu wissen, wie es weitergehen soll. Egal an welcher Front.

Und ich leb noch. Ich leb doch.
Ich leb doch immer noch.
Ich leb doch. Ich leb noch.
Ich leb doch immer noch.

(Rio Reiser. Ich leb doch )


 

Montag, 29. Dezember 2008

Wieder in der Spur.

(Man muss sich nur selbst gut zureden.)


 

Montag, 1. Dezember 2008

Aussprechen.
Das, was stört.
Das, was schmerzt.
Das, was viel zu lange im Kopf und im Herzen bleibt.

Aber stattdessen bleibe ich still. Zuerst, weil ich den Grund nicht richtig zu fassen kriege, weil sich das Gefühl schlecht in Worte packen lässt, weil sich der Schmerz nur langsam und diffus in meinem Innern breit macht. Und dann ist es plötzlich zu spät. Denn wie sieht es aus, wenn ich Wochen später mit einem lächerlich kleinen Vorwurf ankomme, der durch das Aussprechen zu einem Grundsatzproblem wird, das dem Anlass gegenüber in keinem Verhältnis steht. Scheiße sieht das aus. Ganz genau.

Variante 1: Problem schneller erkennen, früher aussprechen, diskutieren, abhaken.

Problem: Unfähig zu jedem einzelnen Punkt von Variante 1. Hat sich somit erledigt.

Variante 2: Aufgeben. Alles so lassen wie es ist. Groll in mich hineinfressen. Beziehungen wegen kleinkarierter Korinthenkackerei beenden oder zumindest über Wochen auf Eis legen.

Problem: Keins. Ausser dem Wissen, dass es die falsche Variante ist. Die dumme, kindische, beleidigte, unreife, konfliktunfähige Variante.


 

Mittwoch, 13. August 2008

Understand the things I say, don't turn away from me

Ich habe mich entschieden zu Trauern. Peinlichkeit hin oder her, Blöße hin oder her. Der vermaledeiten Traurigkeit muss der Gar ausgemacht werden, damit es Frieden geben kann. Taten statt warten, hahaha.

'Cause I've spent half my life out there, you wouldn't disagree.

Es gibt eine Runde Gruselgeschichten. Während ich der Frau aus L. von früher erzähle, spüre ich die grollende Unruhe in mir, weil ich genau weiß, dass Tränen kommen müssten. Stattdessen suche ich hastig nach einer anderen Gefühlsregung, überlege ob ich schimpfen, klagen, schreien, meckern, wüten soll.

Do you see me? Do you see?

Aber alles was herauskommt ist mickrig und klein. Mein Ebenbild. Von außen betrachtet ist dieses Schauspiel kaum zu ertragen. Ich möchte mich am liebsten nehmen und schütteln, anschreien und in die Ecke feuern, weil mich diese Art der Passivität unerträglich aggressiv macht.

Do you like me? Do you like me standing there?

Irgendwo zwischen den Worten hockt der Ärger und streckt mir eine lange Nase entgegen. Auf meinen Vater, den armen Kerl, der immer auf diese grässlichen und unheilverbreitenden Schrapnellen hereinfällt. Aber ein paar Fragen bleiben offen und die Frau aus L. hackt hartnäckig mit sanfter Stimme auf dem pochenden Schmerz herum. Warum hat er mich damals nicht in Schutz genommen vor meiner Mutter? Warum hat er nicht mit der Faust auf den Tisch gehauen und ihrem Treiben Einhalt geboten? Warum hat er ihr erlaubt, mich ihm wegzunehmen und mich weiter zu quälen? Warum tut er heute meiner kleinen Schwester genau dasselbe an?

Do you notice? Do you know?

Etwas knackst laut und der Riss bahnt sich langsam ein Stück weiter seinen Weg. Stärke und Schwäche, Liebe und Abscheu, Verantwortung und Loslassen, schmerzende Einsamkeit und unerträgliche Gemeinsamkeit. Der Schmerz zieht sich langsam durch meinen Körper. Papa. Ich will ihn nicht so sehen wie ich ihn sehen muss. Ich schlucke schwer, aber es kommt keine Träne. Nicht eine.

Do you see me? Do you see me?

Ich kann meine Traurigkeit nicht finden, obwohl sie mich immer begleitet. Könnte ich doch nur die Kraft, die ich dazu benutze, die Tränen zurückzuhalten, in Wut umwandeln. Wut ist Energie. Wut bewegt. Aber meine Traurigkeit ist ein dicker Klops. Auch er wandelt sich von Zeit zu Zeit. Aber leider immer nur in in dieses tiefe dunkle Meer aus Verzweifelung.

Does anyone care?

50 Minuten und kein Schritt vor, kein Schritt zurück. Immerhin bin ich danach traurig genug, um zwei Tränen zu weinen. Und mich anschließend für mich selbst schämen.

(Cranberries. Ode To My Family)


 

Montag, 4. August 2008

Sanne am Sonntag. Unsere Verabredungen sind Expeditionen ins Ungewisse und ob ich will oder nicht, muss ich mich von ihr führen lassen. Durch zerbrechliches Gefühlswirrwarr und emotionale Gletscherspalten. Jedes Mal wieder, jedes Mal anders und jedes Mal begegnen wir uns neu.

Worte, die weh tun. Sanne spricht sie aus. "Was ist von unserem letzten Treffen bis heute passiert?", will sie wissen und ich zucke die Schultern und sehe die Tränen in ihren Augen, die eigentlich meine sind. "So hoffnungslos", stellt sie mit forschem Frageton in der Stimme fest und ich nicke. Weil ich an nichts mehr glauben kann. Nicht an unbeschwertes Beisammensein, nicht an die Liebe und schon gar nicht an den Unsinn, dass alles gut werden wird.

Ich bin Zuschauer und beobachte die anderen beim Leben, beim Verlieben, beim Glücklichsein. Ich stehe daneben und sehe zu, freue mich mit ihnen und wünsche ihnen alles Gute. Immer am Rand. Immer allein.

Sie nimmt mich in die Arme und es fühlt sich warm und nah und vertraut an. "Es ist doch nicht peinlich, sich jemanden an seine Seite zu wünschen oder eine Familie haben zu wollen." Sagt sie und ich will widersprechen. Einen Mann? Eine Familie? Ich bin doch nicht größenwahnsinnig, ich bin realistisch. Sie streicht mir sanft über das Haar. "Man kann auch dann die Augen offenhalten, wenn man nicht so genau weiß, was man eigentlich braucht", sagt sie und ich versuche zu nicken und muss die Tränen runterschlucken. Nicht einmal Alkohol hilft.

Ich möchte ihr glauben und kann es nicht.

Auf dem Polaroid vom Abend sieht Sanne aus wie ein 70er Jahre Popstar. Ihr Worte lassen mich auch am Morgen danach noch einmal lächeln. Früher war alles schlechter... Und in ihrem Fall, scheint das tatsächlich zu stimmen. Wenn ich das doch auch irgendwann schreiben, sagen oder denken könnte.

Immerhin hat die Frau aus L. kurzfristig einen Termin frei. Soll sie mir doch sagen, was jetzt zu tun ist. Soll sie mir die Anleitung geben, wie ich meinen eigenen Abgründen entkommen kann. Ich fürchte nur, sie weiß auch keinen Rat. Am Ende steht man eben immer alleine da.


 

Montag, 28. Juli 2008

Das Magengrummeln ist so laut, dass ich davon aufwache.

Ich muss die Goldwaage wegwerfen und sie durch eine positive Gleichgültigkeit ersetzen. Menschen melden sich bei mir, wenn sie sich ausheulen möchten, wenn sie Langeweile haben, wenn ihnen danach ist. Manchmal trampeln sie ungerührt über meine Grenzen hinweg, hören es nicht, wenn ich zaghaft und dann immer deutlicher um Vorsicht bitte, weil es jenseits ihrer Vorstellungskraft liegt, wie sehr Worte verletzen können.

Vielleicht ist es besser, sich damit abzufinden. Vielleicht bin ich zu empfindlich. Vielleicht ist es trotzdem besser, als allein zu sein.

Meine Einschätzung stimmt nicht mit der Realität überein. Ich glaube zu lange an ein ausbalanciertes Miteinander, selbst wenn ich längst bemerkt habe, dass einer die Strippen zieht und der andere zappelt. Augen zu und so tun als ob. Meinen Glauben halte ich eisern aufrecht, zumindest so lange, bis ich es wage Ansprüche zu stellen. Bis ich eine Reaktion erwarte, bis ich Nachhake und dann ein bisschen Drängel, weil ich doch einfach nur eine Geste brauche. Nicht einmal großartige Taten, nein, nur ein paar Worte, keine große Sache und doch zuviel des Guten. Und ich warte und warte, ungeduldig und hibbelig, bis die Laune umschlägt, bis die Traurigkeit kommt. Die abwehrende Reaktion, wahlweise das Ausbleiben einer Reaktion, könnte die Wahrheit nicht deutlicher zeigen. Und jedes Mal tut es wieder weh.

Der gefühlte Arschtritt ist heftig, aber verdient. Denn Ansprüche nerven, Verpflichtungen nerven, weil Freundschaft offensichtlich auch dann bestehen kann, wenn einer nimmt und einer gibt. Und warum überhaupt Freundschaft? Davon war sowieso nie die Rede.

Ich habe Bauchschmerzen.


 

Donnerstag, 10. Juli 2008

Wenn die Trauer so nah ist, reicht eine kleine, unbedachte Bemerkungen, um das Unglück perfekt zu machen. Eine Mitteilung, vermutlich komplett unbedacht geäußert, harmlos natürlich, läßt mir den Atem stocken und mich schwer schlucken. Ich will es nicht hören, will mir nicht vorstellen, was wäre wenn.

Komm doch wieder, liebe Sonne, und scheine mir ins Herz. Gib mir das Gefühl, dass das Leben ein fantastischer Zauber ist, der die aufregendsten Attraktionen für mich bereithält.


 

Samstag, 5. Juli 2008

Heute Nacht habe ich das erste Mal von ihm geträumt.

Wir hatten Sex. Allerdings eher unromantisch und vielleicht so, wie es irgendwann einmal hätte werden können, wenn es denn jemals so gekommen wäre - aufregend, spontan, grenzüberschreitend. Was nicht das Schlechteste hätte sein müssen, wenn da nicht unsere fehlende Beziehung, die seltsame Örtlichkeit, eine dritte Person und ein weiterer ungünstiger Umstand gewesen wären. Das Ganze löste einen kleinen Spektakel aus, der das Ausmaß von Gier und Lust bei weitem übertraf. Anschließend trafen wir mit meinen ehemaligen Lehrern zusammen und durften uns anhören, dass sie das gar nicht lustig fänden. Scham beim Aufwachen.

Kategorie Alptraum. Jetzt bitte sofort vergessen.


 

Donnerstag, 19. Juni 2008


Losing the star without a sky
Losing the reasons why

(Cat Power. Metal Heart)

Der nächtliche Alptraum, in dem der Mann und ich aneinander geraten, wirkt lange nach. Seine eMail erreicht mich zu spät. Es gibt keine Hoffnung auf ein alles wieder gut, wenn ich mich dafür entschieden habe, dass etwas nicht gut ist. Dafür gibt es die Traurigkeit.

Aber es kann doch nicht nur der Abschied sein, der mir schon am Morgen auf dem Rad die Tränen in die Augen treibt. Nein, nein, denn was habe ich schon verloren, außer einer kleinen Hoffnung auf das große Glück? Träume zu begraben habe ich längst gelernt. Ich weiß genau, dass Beziehungen kurzfristige Freundschaften auf Zeit sind, denn die Liebe kann man nun mal nicht konservieren.

Es ist wohl eher die gefühlte Einsamkeit, die sich beherrschend übermächtig in mein Leben drängelt. Von Tag zu Tag rette ich mich mit kleinen Verabredungen vor dem drohenden Untergang und spüre doch genau, dass die Verzweifelung längst da ist und sich nicht abschütteln oder vertreiben läßt. Stillhalten und Treibenlassen.


 

Dienstag, 25. März 2008

Heute würde ich gerne die Leere auskotzen.
Aber da kommt nichts.