Montag, 15. Dezember 2008

Die angekündigte Sonntagsführung im Haus der Kulturen klingt spannend. Sie verspricht durch interaktive Wahrnehmungsübungen zu zeigen, wie dünn die Linie ist zwischen dem, was als "normales" Verhalten angesehen wird, und denen, die als schizophren, depressiv oder paranoid gelten. Ah ja, mal gucken.

Zu Beginn erzählt der (Ex?-)Depressive etwas über seinemeine Krankheit. Von seinem ersten Satz an merke ich, wie mich die Worte packen und auch wie schwer sie wiegen - in meinem Kopf und meinem Herzen. Ich hänge an seinen Lippen, obwohl ich all das Gesagte längst weiß. Vielleicht, weil ich bisher so wenig über diese Gefühle gesprochen habe. Damals, weil ich nicht konnte, heute, weil ich diese Zeit am liebsten ungeschehen machen würde. Und auch, weil mir die Erinnerung in schonungsloser Brutalität vor Augen führt, wie krank ich gewesen bin, wie hilflos, schwach, kraft- und mutlos. Ein Ich, das mir fremd und doch so vertraut ist. Ein Ich das nicht ich bin.

Die Übung. Ich sitze in einem Raum, umgeben von vollkommener Schwärze. Ich soll an all das denken, was ich in meinem Leben nicht geschafft habe, worin ich versagt habe. Kein Mann, kein Kind, kein Selbstbewußtsein im Job, deshalb auch zu wenig Geld, kein vorhandener Ehrgeiz, familiäre Konflikte. Die Schlagworte ziehen an mir vorbei wie ein innerer Film der sich abspult - ohne Stopptaste. Ich sitze zusammengesunken auf einem Stuhl, die Beine übereinandergeschlagen, den Rücken nach vorn gebeugt mit hängenden Schultern. Dann füllt sich der Raum mit Musik, dunkel und heftig, und schon nach wenigen Takten laufen mir die Tränen über die Wangen, überwältigt mich dieses Gefühl der grenzenlosen Traurigkeit, der grenzenlosen Hoffnungslosigkeit, genau wie damals. Erschrocken richte ich mich auf, strecke die Schultern, stelle die Beine nebeneinander, verschränke die Hände vor der Brust und versuche zu grinsen und die Gedanken zu verscheuchen, denn alles ist gut, oder zumindest gut genug, um nicht in die Dunkelheit zurückzukehren.

Eingeholt, denke ich, als ich verschreckt wieder in die Helligkeit stolpere. Was für eine unerwartete Entführung in die Vergangenheit.

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Ich stelle mir die Situation gerade so vor wie in einem dieser Trance-Techno-Clubs, wo man vor lauter Dunkelheit und Trockeneisnebel nichts sieht, und getragen wird von den Gebärmutterpulsfrequenzbeats der Musik. Das Gefühl, sich aufzulösen. War jemand in der "Paranoid"-Abteilung?

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Mit der Musik waren plötzlich alle Gedanken ausgeschaltet. Da war nur noch diese beängstigende, pulsierende Leere. "Getragen werden" hat ja noch etwas Verlockendes, aber dazu war die Einsamkeit zu stark präsent.

Die Paranoia ist ausgefallen, aber vielleicht erzählt die Miss M. ja noch was aus der Schizo-Abteilung. Die hat sich nämlich was Einflüstern lassen.

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Genau. Wärste mal mit zu den schizophrenen Psychotikern gegangen. Auf jeden Fall eine interessante Erfahrung, mit den Stimmen im Kopf zu versuchen, weiterhin eine normale Unterhaltung zu führen. Ich hab natürlich gleich einen Streit mit denen angefangen :)
Nee, im Ernst. Das war schon sehr spannend, auch erschreckend. Viel wichtiger war aber der Austausch hinterher - wie man den Alltag als Schizophrener erlebt, was man tut und wie man sich sich wahrnimmt, usw. Von mir aus hätte das länger gehen können, der Rest der Ausstellung war ja mehr so naja.

Haha, "Paranoia ist ausgefallen". Der war gut.

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Da würde ich mich auch gerne mal testen, denn in letzter Zeit stufe ich mich nicht mehr als "normal" ein und diese bewegende Wirkung von Musik + Kontrollverlust kenne ich nur zu gut. Aber vielleicht ist es ja doch "normal" so zu reagieren, denn die Grenze ist - wie geschrieben - extrem dünn. Alles Gute Ihnen!

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Man kann seine Stimmung durch vieles beeinflussen, ich war nur von der Wucht der Erinnerung überrumpelt. Wenn das bei Ihnen so gut wirkt, können Sie die Musik ja positiv für sich nutzen.

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Oh. Das klingt ganz wie mein Wohnzimmer.
Ich habe beob8et, dass ich mich neuerdings häufig in der Küche aufhalte.
Der einzige Raum mit Tageslicht.
Vielleicht sollte ich wirklich noch mal umziehen.
Die Dunkelheit schlägt wirklich aufs Gemüt. Das Gebeutelte.
Schlagen Sie zurück!

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Oder Sie ziehen auf Ihren Balkon! ;-)
Ich hab es mit ausgehen probiert und es hat ziemlich gut gewirkt. Verabredungen, Aktivitäten, Kunst, Kultur, Freunde, Yoga. Letztendlich war das wohl mein Heilmittel (so ganz sicher bin ich da selbst noch nicht).

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Kleine Sonnen
Ausgehen, neue Eindrücke sammeln, hilft auf jeden Fall. Ich fühlte mich zu lange eingesperrt, abgeschnitten und habe dieses Jahr alles nachgeholt. Es hilft der Stimmung ungemein.

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Es kann Leben retten.

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Mein Balkon geht nach Norden und ist zudem noch überd8.
Alles bedrückend. Insgesamt.
Ausgehen. Das ist der Plan. Ich werde Hawaiinachten. :o]

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Im Baströckchen?

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Vielleicht auch nur 1 Hula-Hoop-Reifen :o]

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Sweet! :-)

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Sehen Sie sich wirklich als Versager, weil Sie keinen Mann und kein Kind haben?


Versager sind für mich die Leute, die Mann und Kind haben, um sich dahinter verstecken zu können und nicht für sich selbst stehen zu müßten.

Versager, das sind die, die sich mit dem Erstbesten abfinden und die nächsten hundert Jahre alle damit nerven (oder auch nicht) wie unglücklich sie mit der Situation sind. (und nix dran ändern)

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Es geht nicht um den "Besitz" an sich. Sondern darum, konstruktiv und dauerhaft eine liebevolle und verlässliche Beziehung zu gestalten. Es geht um Zugehörigkeit und Geborgenheit in einer dauerhafte Bindung. Das habe ich nie (dauerhaft) geschafft.

Die Frage war ja, worin wir meinen persönlich versagt zu haben. Und das ist bei mir nun mal genau dieser Punkt. Ich weiß, dass Versagen individuell sehr verschieden beurteilt wird und was für den einen schlimm ist, scheint für den anderen unverständlich oder geradezu lächerlich. Aber die Menschen ticken halt verschieden. Zum Glück.

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Schauen Sie mal zum Thema "dauerhafte Bindungen" ab und zu Tratschmagazine (in Papaierform oder in der Glotze) an.

Ich glaub, bis kurz vorm letzten Atemzug kann da niemand was drüber sagen. In Zeit da sich Paare nach 50 Jahren und mehr noch scheiden lassen...

Ich seh das a la besser ein Ende mit Schrecken... weil dazu gehört viel mehr Mut als zum Rest des Spruchs (der sich aufs Versagen bezieht).

Kopf hoch - Topf und Deckel - Sie wissen...
Und ich weiß, wovon ich red, ich jag seit 3 Monaten einem Glasdeckel hinterher. (Am Montag endlich gefunden, und das war noch nicht mal einer mit Haut und Haaren *gg*)

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Ich bin in der Hinsicht absolut egozentrisch, denn die anderen sind mir schnuppe. Ich spreche auch nicht von der Ewigkeit, denn ich weiß, dass Liebe eine vergängliche Angelegenheit ist. Aber ich weiß halt, wie viel mir meine Freundschaften bedeuten, die teilweise schon über Jahrzehnte andauern. Diese Verlässlichkeit, die auch eine gewisse Sicherheit und Stabilität bedeutet, ist es wohl, was mich so reizt, was ich mir auch für eine Beziehung wünsche.

Meine Enden waren (fast) immer traurig, weil sie aus Vernunftgründen beschlossen wurden (gewöhnlich von mir). Es ist schön, wenn man weinend auseinandergehen kann, denn es kommt meinem Dramaqueenmodus sehr entgegen. Allerdings zeigt es auch, dass Kompromisse nicht gerade meine Stärke sind. Hadern, Entscheidung treffen, Auseinandergehen. Zackbumm. Aber toll ist das nicht.

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