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Mittwoch, 25. Juni 2008
Ich begrüße die Frau aus L. mit einem Lächeln und setze mich auf das braune Ledersofa ihr gegenüber. "Sie sehen sehr traurig aus", beginnt sie das Gespräch und schaut mich erwartungsvoll an. Mein erster Impuls ist, ihr zu widersprechen. Mit einem "Nein, nein, alles ist gut!". Aber im selben Augenblick spüre ich den dicken, fetten Kloß im Hals, der mich lieber schweigen und den Blick senken läßt. Einmal auf die Zunge beißen verlagert den Schmerz und vertreibt die Tränen. Hilft meistens.
Dann erzähle ich aus meinem Leben, springe von einem Thema zum anderen, durcheinander und ein bisschen konfus. Von der Enttäuschung über den Vater, über das schlechte Gewissen, weil ich mich immer noch nicht bei meiner Mutter gemeldet habe, über die ungeklärte und extrem unbefriedigende Situation in der Anstalt, die Entfremdung von meinem besten Freund und dann natürlich über den innerlichen Abschied vom Lieblingskollegen und damit auch von unseren locker-flockigen-gute-Laune-Treffen. Wir schweigen eine Weile gemeinsam. "Da stehen sie ja vor einem ganz schön großen Berg", sagt sie und ich nicke. Ein Berg, den ich vorher gar nicht gesehen habe. Ein Berg, der vorher unsichtbar im Nebel verborgen war und nun in den Himmel aufragt, jetzt zum Greifen nah. Leider weiß die Frau aus L. auch keinen anderen Rat als "anpacken" und so ziehe ich ein bisschen bedröppelt von dannen. Wird schon. Irgendwie.
Dienstag, 24. Juni 2008
Manchmal muss man schlechte Gefühle einfach aushalten.
Der Hunger ist undefinierbar. Sicher ist nur, dass es kein Hunger-Hunger ist, sondern dass sich dahinter etwas anderes verbirgt. Der Hunger schmerzt körperlich, weil er anhaltend und ausdauernd präsent ist und mich damit piesackt und nervt. Es ist ein Hunger, der nicht nachlässt, wenn ich versuche, ihn mit Nahrungsmitteln zu stillen. Er läßt sich höchstens ein wenig beruhigen. Ich vermute, es ist ein Hunger nach Nahrung in Form von Liebe, Zuwendung, Hoffnung und ganz viel Gutem. Aber ich finde weder den Ursprung für diesen Hunger, noch einen Weg, ihn dauerhaft zu stillen, so lautstark er auch danach verlangt.
Manchmal muss man schlechte Gefühle einfach aushalten.
Dienstag, 24. Juni 2008
So gerührt. Danke.
Montag, 23. Juni 2008
Der Vater, die Tante, die kleine Miss, der Opa und ich. Das ist dann wohl meine Familie. Und trotzdem es ständig Missverständnisse und kleine Zankereien gibt, verbringe ich gerne Zeit mit ihnen. Höre meinem Vater zu, wenn er von seinem amüsanten Arbeitsalltag erzählt. Lasse meine Tante ständig alles besserwissen und grinse dabei in mich hinein. Lausche der kleinen Miss beim improvisierten Rappen und lache dann plötzlich los, weil sie so unschlagbar süß ist. Frage den Opa nach seiner Kindheit, nach dem Krieg, dem Kennenlernen von meiner Oma, der Geburt seiner Kinder.
Diese Familie. Was wäre ich ohne sie.
Und überhaupt: Happy 98, Opa!
Samstag, 21. Juni 2008
Es ist fast wie eine Zeremonie. Zurücktreten und eine Pause einlegen. Traurig sein. Zweifeln und ein bisschen grimmig in die Gegend blicken.
Aber die Welt dreht sich weiter und das Leben klopft ungebeten an die Tür. Wie einen Rettungsanker in der stürmischen Brandung ergreife ich die ausgestreckten Hände und schaue in freundliche Augen, die mich einladend ansehen. "Los, los", sagen die einen. "Mir nach", die anderen. Das wird ein gutes Wochenende, denn die Sonne scheint und die Freunde drängeln zu gemeinsamen Unternehmungen. Ich seufze theatralisch und nehme die Vorschläge mit einem inneren Auflachen an. Es geht weiter. Immer weiter. Mal so, mal so.
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