Mittwoch, 25. Juni 2008

Ich begrüße die Frau aus L. mit einem Lächeln und setze mich auf das braune Ledersofa ihr gegenüber. "Sie sehen sehr traurig aus", beginnt sie das Gespräch und schaut mich erwartungsvoll an. Mein erster Impuls ist, ihr zu widersprechen. Mit einem "Nein, nein, alles ist gut!". Aber im selben Augenblick spüre ich den dicken, fetten Kloß im Hals, der mich lieber schweigen und den Blick senken läßt. Einmal auf die Zunge beißen verlagert den Schmerz und vertreibt die Tränen. Hilft meistens.

Dann erzähle ich aus meinem Leben, springe von einem Thema zum anderen, durcheinander und ein bisschen konfus. Von der Enttäuschung über den Vater, über das schlechte Gewissen, weil ich mich immer noch nicht bei meiner Mutter gemeldet habe, über die ungeklärte und extrem unbefriedigende Situation in der Anstalt, die Entfremdung von meinem besten Freund und dann natürlich über den innerlichen Abschied vom Lieblingskollegen und damit auch von unseren locker-flockigen-gute-Laune-Treffen. Wir schweigen eine Weile gemeinsam. "Da stehen sie ja vor einem ganz schön großen Berg", sagt sie und ich nicke. Ein Berg, den ich vorher gar nicht gesehen habe. Ein Berg, der vorher unsichtbar im Nebel verborgen war und nun in den Himmel aufragt, jetzt zum Greifen nah. Leider weiß die Frau aus L. auch keinen anderen Rat als "anpacken" und so ziehe ich ein bisschen bedröppelt von dannen. Wird schon. Irgendwie.