Montag, 7. April 2008

Die Gruppe wurde heute Realität und der Gang dorthin fiel lange nicht so leicht, wie mein Gespött vor wenigen Wochen. Schon zwei Stunden vor Beginn grummelt mein Magen nervös vor sich hin, habe ich das Gefühl entweder Fliehen oder wahlweise Kotzen zu müssen vor lauter Angst.

Zum Glück sehen die Anwesenden ganz ok aus. Normal irgendwie, so dass man keinem ansieht, dass er bewiesenermaßen ein Kloppi ist. Ich versuche auf die Worte der Obertrulla zu achten, auf die Worte der anderen, einen Sinn zu erfassen, aber hauptsächlich bin ich damit beschäftigt, meine Tränen zurückzuhalten. Wie erwartet fühle ich mich als Außenseiter, ganz in meine eigene Welt verstrickt, die ich mir krankhaft zurechtgezimmert habe. Regeln und Verhaltensweisen, mit denen ich bis heute irgendwie überlebt habe. Aber nicht gut, nein, ganz und gar nicht gut.

Auf Fragen hin kann ich den anderen etwas von mir erzählen, kann ohne zu Heulen ein paar Sätze formulieren, aber alles erscheint so unendlich sinnlos. Es ist zu spät, das weiß ich, ich bin schon viel zu alt, als dass man gutmachen könnte, was über Jahrzehnte kaputtgegangen ist. Ein hoffnungsloser Fall.

Kaum stehe ich zitternd und mit wackligen Beinen wieder auf der Straße rollen auch schon die Tränen. Ich muss jemanden sprechen, denke ich. Jemandem der mir nahe ist von der Gruppe erzählen, von meinen Gefühlen, meiner Angst, meiner Hoffnungslosigkeit. Ich halte mein Handy in der Hand und erst in diesem Augenblick realisiere ich, dass es keinen Menschen gibt, dem ich je davon erzählt habe. Dass ich nie mit irgendwem ehrlich war. Dass meine Freunde wohl das Wesentlichste in meinem Leben nicht von mir wissen.

Vielleicht ist genau dafür eine Selbsthilfegruppe gut. Den Spiegel vorgehalten bekommen und darin zu sehen, wie man sich selbst schamlos ins Gesicht lügt.