Donnerstag, 19. März 2009

Am Nachmittag sitzen Sanne und ich zusammen im Café und nippen an unseren Getränken, während die Staubflocken im fahlen Sonnenlicht tanzen. Nachdem die Liebesangelegenheiten in allen Einzelheiten besprochen wurden, geht es ums Geld. Sanne hat einen neuen Job, immerhin. Aber ich weiß nicht, wie viel Arbeitslosengeld ich ab nächsten Monat bekommen werde, weil die Heinis sich Zeit lassen. Außerdem haben die Recherchen im Netz deutlich gezeigt, dass die finanziellen Zukunftsaussichten, selbst bei einer Vollzeitstelle, alles andere als rosig sind.

Wir kommen beide mit wenig Geld aus. Das macht die immerwährende Übung. Auch deshalb waren die letzten drei Jahre in finanzieller Hinsicht die reinste Erholung. "Du hast mich immer eingeladen", sagt Sanne, während sie Zucker in ihren Tee kippt. "Das war wirklich toll." Ich überlege, ob das stimmt, ob ich sie wirklich immer eingeladen habe. Es kann tatsächlich stimmen, auch wenn es mir nicht aufgefallen ist. Aber es war eine Selbstverständlichkeit, weil ich Geld hatte und Sanne nicht. Also eigentlich nicht der Rede wert. "Jetzt bist du arbeitslos und ich lade ich dich ein", sagt sie grinsend und ruft nach der Rechnung. Ich bin ganz gerührt von dieser Geste, auch wenn mir dieser Rollenwechsel sehr schwer fällt.

Am Abend sitze ich bei der Tatze am Küchentisch und korrigiere die Hausaufgaben vom Glitzerfunkelsternchen. Auch hier geht es ums Geld, auch hier vor allem um das fehlende. "Neuer Rechner, Klassenfahrt, Klamotten und Schuhe für das Kind und nebenbei noch der ganz normale Alltagskram", zählt sie auf. Die Tatze erwähnt ihre Knieschmerzen und dass sie täglich zur Arbeit laufen muss, weil momentan kein Geld für eine Fahrkarte übrig ist. Wir reden über Schulden, ausgeschöpfte Dispokredite, notwendige Rentenversicherungen und diskutieren über die Frage, wie man leben soll, wenn das Geld einfach nie ausreicht. Wir finden keine akzeptable Lösung. Ich merke, dass ich innerlich voller Wut bin. Darüber, dass eine alleinerziehende Mutter jeden Pfennig dreimal umdrehen muss, obwohl sie einen Vollzeitjob hat und sich auch für Wochenend- und Abendschichten nicht zu fein ist. Am liebsten würde ich der Tatze einen ganzen Batzen Geld auf den Tisch häufen. Aber ich habe ja selber keins.

Bevor ich gehe, lege ich immerhin meine Monatskarte auf das Schränkchen im Flur. "Nein, das geht doch nicht", erwidert die Tatze heftig, "du hast doch auch kein Geld". "Aber ein Fahrrad", gebe ich zurück, ziehe eine Fratze und erkläre, dass ich aus Gewichterhaltungs- und Konditionsgründen sowieso umsteigen muss. "Du leistest damit einen wertvollen Beitrag für meine Gesundheit", sage ich mit Oberlehrerinnenstimme und wir müssen beide lachen. So geht es.

Trotzdem. Es ist und bleibt ein großer Mist, die ganze Sache mit dem Geld. Wie mich dieses Thema nervt. Wie es immer wieder auftaucht, bei mir, bei meinen Freundinnen. Und es ist abzusehen, dass es niemals anders werden wird, dass die wenigsten von uns entspannt und ohne Rumrechnerei mit ihrem Geld auskommen werden, weil wir in unseren Jobs meistens unterbezahlt sind oder befristete (Kurz-)Arbeitsverträge haben. Oder beides.