Sonntag, 27. April 2008

Die Gedanken an die Arbeit lassen mich den ganzen Vormittag über nicht los. Es ist ein Hadern mit der Ungerechtigkeit, die mir jetzt schon zu lange widerfährt und der Bauch grummelt ganz gewaltig vor lauter Wut. Aber dann klingelt wie verabredet das Telefon und ich schnappe mir das Rad, um mich mit Marie und dem aktuellem Freund zu treffen. Der Wind pustet kalten Fahrtwind durch den Stoff meiner kurzärmelige Bluse, aber ich brauche das Sommergefühl gegen die dunklen Gedanken. Im Club der Visionäre angekommen, hocke ich mich auf die Planken des schwimmenden Floßes, halte mein Gesicht in die Sonne und lausche halbherzig den Gesprächen über die demnächst anstehende Filmproduktion der Geburtstagsgesellschaft. Aus den eben noch klar klingenden Worten neben mir wird nach kurzer Zeit ein unverständliches Gemurmel. Die Gedanken treiben ziellos umher. Es fühlt sich gut an, wie die warmen Sonnenstrahlen die Haut streicheln und es hört sich gut an, wenn das Wasser Richtung Ewigkeit plätschert. Vor mir gebärdet sich ein aufgeregten Schwan, der mit empört-aufgeplustertem Gefieder wieder und wieder an den Besuchern entlangzieht, als erwarte er, dass sich ein Freiwilliger zum Duell meldet.

Als der Abend kommt, frage ich, ob noch jemand Lust auf eine schwere Schlägerei im Atelier hat, zu der mich freundlicherweise der Herr Schneck eingeladen hat. Marie will mit und der Mann ebenfalls. Sehr gut. Ich bin aufgeregt, denn ich gehe zwar inkognito zum Bilder gucken, aber ich weiß genau, dass dort ein Haufen Blogger sein werden. Aber noch bevor ich wild Herumspähen kann, nehmen mich die Bilder und Collagen gefangen. Es gibt viel zu gucken und ich liebe es, kleine & feine Details zu entdecken, genau Hinschauen zu müssen, weil es zwar das große Ganze, aber auch ganz viele kleine Blickwinkel gibt. Marie schließt sofort ein ganz besonderes Bild in ihr Herz. Es zeigt eine sehr nackte Frau mit gespreizten Beinen und wir überlegen, wo man ein solches Bild hinhängen könnte, wo es passen würde. Der Freund ist der Meinung, dass die Dame ins Schlafzimmer gehört, während Marie findet, dass jedes andere Zimmer geht, nur nicht das Schlafzimmer. Ich plädiere für den Flur, woraufhin sie die Hand vor den Mund schlägt und uns von ihrer Vorstellung der zukünftige Schwiegermutter beim Betreten der Wohnung erzählt. "Vielleicht ist das Schlafzimmer doch nicht die schlechteste Alternative für delikate Kunst", sagt sie und läßt grinsend ihre Hand wieder sinken.

Nach den Bildern schaue ich mir die Menschen an. Fremde. Ich hab keine Ahnung wer Blogger ist und wer nicht. Ob Menschen dabei sind, bei denen ich lese. Ich glaube es nicht. Aber dann sehe ich der Frau Gaga erst beim Fotografieren zu und danach, wie sie einen Gruß im Gästebuch hinterläßt. Eigentlich will ich auch, möchte dem Herrn Schneck einen Teller Buchstabensuppe malen, um ihn zum Lachen zu bringen. Aber es geht nicht, mistmistmist, weil die Begleitung sich neben mich stellt und der Mann den Stift in die Hand nimmt und ein kleines "OH" auf die nächste Seite kritzelt. Ich verkneife mir meine Idee aus Feigheitsgründen. Schade. Aber es hat mir gefallen und das ist wichtiger als meine kleine Eitelkeit, denn so gibt es die Suppe eben ein andermal.

Wer auch gucken mag: SAKAMOTOcontemporary
Bis 7. Juni 2008.

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Ist es nicht ganz wunderbar, dass es neben all' diesen trüb-dunkel-scheinbar-sinnentleerten Tagen auch diese anderen gibt? An denen es vielleicht nicht sinnvoller ist, aber sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit nicht stellt und die Gedanken einfach mal die Beine baumeln lassen? Hatte ich gestern auch. Schön war das. Findet: O.

P.S.: Ich würde mich hüten, Ihren Kopf aufzuschrauben. Bei mir bleiben bei solchen Aktionen beim Zuschrauben immer irgendwelche Teile übrig oder es schließt nicht richtig. Und beides wäre in Ihrem Fall nicht so toll...

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Sinnvoller nicht, genau das ist es wohl, was es so leicht macht, am Tag danach gedanklich alle guten Gefühle zu zerstören. Beine baumeln lassen. Am besten jeden Tag ein bisschen. Wünsche ich mir dann zum Geburtstag oder so.

Ich dachte ja nur. Wackeln tut da eh was, deswegen wäre das Drama wohl nicht allzu groß.

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Klingt nach einem insgesamt guten Tag. Fein.

Schlafzimmer, definitiv. Oder ein anderes Zimmer, das dem gemeinen und harmlosen Besucher verwehrt bleibt. Es sei denn, man will ihm gleich mal kräftig vor den Kopf schlagen.
So handhabe ich das jedenfalls.

Club der Visionäre, muss ich mir merken, ich könnt mal wieder eine Vision gebrauchen :)

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Bei mir gäbe es gar nicht viele Zimmer zur Auswahl. Außerdem habe ich ja nur wenig Besuch und der bewegt sich da meist recht frei in den zur Verfügung stehenden Räumen. Aber da es ja mittlerweile keine Haken mehr gibt und auch sonst der ganze Kram samt (fast aller) Bilder verschwunden sind, kann ich eh niemandem mehr einen Schrecken einjagen... :)

Ist im Sommer ein Muss. Nur dann leider auch entsprechend voll. (Ich klinge schon wie Miss Cool. Fall bloß nicht drauf rein.)

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vielen herzlichen dank für die erwähnung und die hinweise hier. ein wenig schade, dass ein outing unterblieb (wobei ich einen anfangsverdacht habe...) und sehr gerne die buchstabensuppe ein andermal:-)

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Sie wissen bestimmt noch nicht, dass ich eine anonyme Bloggerin bin. Mich gibt's eigentlich gar nicht.

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Der Direktor Schneck ist ein ganz ein schlauer Hund, Frau Kink. Passen Sie bei dem bloß auf - sonst haben Sie ruckzuck eine Menge Schneck am Stecken....

GrinsSchmitz

(Ko[s]mich, hatte gedacht, das eben schonmal aufgeschrieben zu haben...ich verjuhnke scheints vor der Zeit.)

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Tihihi, das glaube ich Ihnen sofort. Ein Schneck am Steck klingt immerhin nach guter Laune... *g*

Muss ich Sie jetzt eigentlich Held der SustitutionsLesung nennen, oder ist das noch kein eingetragener Titel? Oder ist der erst nach 2-3 Gläschen offiziell? Hach, da sehn Se mal, zu was so ein stimmenloser Herr Schoss alles gut ist! ;-)

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