Donnerstag, 17. Juli 2008

Don't ever tell anybody anything.
If you do, you start missing everybody.

(J.D. Salinger. The Catcher in the Rye)

Es war ein matschiger Winterabend, als ich mich mit zwei Freundinnen durch die Nacht trank. Der hochprozentige Alkohol ging bereits zur Neige und jede von uns formulierte eine Kontaktanzeige für die Rubrik "Suche Mann". Einfach zum Spaß und weil der Kleinanzeigenteil des Stadtmagazins über Jahre hinweg zu unserer Lieblingslektüre gehörte. Ein paar Wochen später lag ein dünner Briefumschlag auf meiner Fußmatte, der lediglich meine Annonce in Printform enthielt. "Suche erwachsen gewordenen Holden Caulfield", stand da samt Chiffrenummer und ich begann erst zu lachen, dann zu zittern und dann beschloss ich, einfach abzuwarten.

Die Reaktion auf die Anzeige war fantastisch. Am besten gefiel mir der Brief eines erfahrenen Entenfütterers, der sich als ausdauernder Karussellfahrer anpries und mit mir bei einem Cocktail über Hollywood philosophieren wollte. Letztlich fand unser erstes Date im Naturkundemuseum statt, wo wir die verdammten Dinosaurier bestaunten und von einer Kindheitsanekdote zur nächsten stolperten. Mir gefielen seine braunen Augen, sein Humor und seine tollen Nachbarn. Die Liebe hielt zwei Jahre, der Sex drei und die Freundschaft überdauerte beides.

Heute lebt der Entenfütterer am anderen Ende der Welt. Jahre sind vergangen, in denen wir nichts voneinander gehört haben. "Bin zwei Tage in der Stadt. Lass uns treffen," schreibt er in einer eMail und mein Herz macht einen kleinen Freudenhüpfer und zählt die Stunden bis zu unserem Wiedersehen. Es ist, als wäre es gestern gewesen, auch wenn viel passiert ist in unseren Leben. Wir reden und reden. Über Hochzeit & Scheidung, unsere Jobs, der Krankheit seines Kindes, meiner Traurigkeit und der Wende am Jahreswechsel. Und dann erzählen wir von früher. Von unseren Erinnerungen, von Gedankenfetzen und kleinen Herzstichen. Es ist schön mit ihm, vertraut. Dieses Vertrauen, das man mit Menschen teilt, mit denen man eine intensive Zeit verbracht hat. Die mit der eigenen Geschichte für immer verbunden sind. Wenn ich ihm ins Gesicht sehe, wenn ich ihm zuhöre oder ihm beim Lachen beobachte, weiß ich genau, was mich damals so sehr fasziniert hat, dass ich mich in ihn verliebt habe.

Als wir auseinandergehen, verabreden wir uns in seiner Stadt. Am anderen Ende der Welt.


 

Dienstag, 24. Juni 2008



So gerührt. Danke.


 

Mittwoch, 14. Mai 2008

Wohin gehn wir, wohin gehn wir, werden wir uns wiedersehen?

Na gut, dann sind wir eben Freunde, der Lieblingskollege und ich.

Du bist wieder da, wo du warst, aber ich bin wieder allein.
Du bist wieder da, wo du warst, aber ich bin wieder allein.


Nur in dem Moment, in dem ich höre, dass er die vierte Person zum Kickern mitbringt und dass sie weiblich ist, schmerzt das Herz ein bisschen, aber ich schlucke den Kloß hinunter und scherze zur Ablenkung mit Paule, seinem besten Freund. Der Kollege und die Begleitung kommen nicht zusammen zum verabredeten Ort und so piekst mich nur zwischendurch die Eifersucht, wenn sich die beiden allzugut verstehen und sich im verbalen Schlagabtausch geschickt die Bälle zuwerfen. Sie gehen auch nicht zusammen nach Hause, nach den Spaghetti, dem stundenlangen Spielspaß und den entsprechenende Rückenschmerzen. Zum Glück.

Andre Wege, andere Straßen, jeder wird woanders schlafen.
Ich bin wieder da, wo ich war, aber du bist wieder allein.
Du bist wieder da, wo ich war, aber ich bin wieder allein.


Und außerdem ist Freundschaft ja auch schön. Sogar mehr als das, wenn sie eine Weile hält, wenn es für beide paßt, wenn sie auf Dauer verläßlich ist. Beide Jungs scheinen darin ziemlich gut zu sein.

Nur die Sterne, nur die Sterne, drehen sich weiter in der Ferne.
Alles wird so sein, wie es war, aber nichts wird wieder so sein.
Nichts wird wieder sein, wie es war, solange die Sonne scheint.


Beim Abschied fragt mich Paule, wie das jetzt wäre, mit uns und dem Tischtennis. Ob wir uns nicht irgendwo einen Ort suchen wollen, um zusammen zu spielen. Und als ich mich auf dem Heimweg vom Kollegen verabschiede, sage ich "bis Montag", weil dann sein Urlaub (endlich) vorbei ist und wir uns auch wieder bei der Arbeit sehen werden. "Na vielleicht treffen wir uns ja vorher nochmal", sagt er fragend und drückt mich, wie immer ein wenig unbeholfen, über die Räder hinweg. "Vielleicht", denke ich, "aber erstmal kümmere ich mich um eine gute Tischtennisplatte."

Ein langes Jahr, ein langer Wein, und nur wer liebt, ist nicht allein.
Wer nicht liebt, der wird zu Stein und es wird niemals anders sein.

(Rio Reiser. Wohin gehn wir?)


 

Mittwoch, 7. Mai 2008

Mimi und ich kennen uns seit über 20 Jahren. Freundinnen wurden wir erst Jahre später. Heute ist Mimi die Frau, die mich am besten kennt, auch wenn ich vieles verschweige, was ich ihr eigentlich erzählen sollte. Der Begriff "beste Freundin" passt nicht so recht auf uns, denn dafür fehlt wohl ein Stückchen Offenheit, aber was sind schon Worte, wenn die Zeit und das Gefühl stimmt. Unsere Cafébesuche finden wöchentlich und mit einer Regelmäßigkeit statt, dass sie fester Bestandteil in unseren Leben sind.

Geteilte Geschichte. Studienzeit, Abschlüsse, strapaziöse berufliche Entwicklungen, Umzüge in schöne und hässliche Wohnungen, Affären, Liebschaften, Beziehungen, Zusammenziehen und Trennen, Familienkram mit unseren Eltern und Geschwistern und sehr viel gemeinsam verbrachte Zeit. Es ist gut, Mimi in meinem Leben zu haben, weil sie eine Konstante ist, die alles zu überdauern scheint, die alles erträgt, mitleidet, sich für mich freut und mir in den Arsch tritt, wenn es sein muss. Genau wie umgekehrt.

"Ok", sagt Mimi, als wir uns im Café gegenüber sitzen, "zeig mal die Bilder!" Ich wühle in meiner Tasche und reiche ihr zwei Farbdrucke mit dem Gesicht vom Lieblingskollegen. "Der ist ja blond", quietscht sie los und sieht mich entsetzt an. "Hmja", murmele ich. Was bedeutet schon eine Haarfarbe, wenn er strubbelige Monchichihaare hat, die ich am liebsten zerwuscheln würde, in denen ich meine Nase vergraben will und deren Farbe mir letztendlich doch egal ist. "Dafür kann er entzückende blonde Kinder machen", werfe ich mit einem grinsenden Strahlen ein und sie nickt zustimmend. "Er sieht echt nett aus", fährt sie versöhnlich fort. Ja, er sieht verdammt nett aus. Freundlich, lustig, melancholisch, nachdenklich, charmant. Er hat lachende Augen und einen schönen Mund. Sie zeichnet mit dem Finger seine Gesichtsform nach und sagt ernst: "Jetzt wird es Zeit, dass du ihn systematisch um den Finger wickelst.“ Wir schauen schweigend auf das Foto, das vor uns auf dem Tisch liegt, dann schaut sie mich an. „So was", sagt sie und zieht am Ärmel meines Hemdes "kannst du nicht mehr tragen. Das sieht nicht sexy aus. Ab jetzt nur noch tiefe Ausschnitte und rote Lippen. Und lass die Brille weg", sagt sie und grinst vielsagend. Ich stöhne auf und muss doch lachen. Aber sie gerät gerade erst in Fahrt. "Und wie sieht's an der Unterwäschefront aus?", fragt sie forsch. "Mimi!" Ich bin ein bisschen verdattert und will diesen Gedankengang auch gar nicht weiterführen. "Geh einkaufen...", sagt sie weise und dann muss ich ihr erst einmal erklären, dass ich nicht vor habe, mich überhaupt auszuziehen. "Er ist doch mein Kollege!", erinnere ich sie. "Ja, ich weiß, du willst nur Händchen halten und deine Nase in seine Halsbeuge stecken." Sie stöhnt und ich grinse sie an. "Wenn ihr erstmal soweit seid, kommt der Rest ganz automatisch und es wird alles gar kein Problem sein", sagt sie, unromantisch, berechnend und luderlike. Das hätte ich früher auch gesagt, aber heute scheint alles anders, schwieriger und komplizierter. Und ich bin voller Hemmungen und Selbstzweifel.

"Morgen rufst du ihn an und fragst, wann ihr euch seht", sagt sie zum Abschied. "Klar", nicke ich, weil der Dienstagabend als Anruftermin schon seit Sonntag feststeht, weil ich diese Fixpunkte zum Festhalten brauche. "Und denk dran, ich will ihn bald angucken." Ich nicke. Sie wird ihn mögen. Ich mag ihre Männer und sie mag meine Männer, so war es schon immer, ganz ohne Ausnahme, denn wir haben beide einen guten Geschmack, auch wenn das Haltbarkeitsdatum über ein paar Jahre nicht hinausreicht.

Die Gedanken, die Vorstellungen, sind zart und zerbrechlich, alles muss langsam und vorsichtig geschehen. Ich weiß nicht, was ich will. Vielleicht, weil ich so große Angst vor den großen Gefühlen habe. Vor Nähe und Sehnsucht, vor Liebe, Intimität und dem ganzen unerträglichen Pärchenquatsch, der so verdammt romantisch sein kann.


 

Freitag, 25. April 2008


Into the great wide open,
Under them skies of blue
Out in the great wide open,
A rebel without a clue

(Tom Petty. Into The Great Wide Open)

Ganz schnell und heimlich in Gedanken 1x Kollektivdrücken für die Moral. Weil das Herz gerade überquillt vor Zuneigung. Und das nicht nur aus purem Egoismus heraus, sondern weil da Platz für Menschen ist, die sich heimlich reingeschlichen haben. Irgendwie am Türsteher vorbeigedrückt und dann verlaufen. Vermutlich ahnen sie selbst nichts davon, aber das ist ja auch nicht nötig.


 

Freitag, 21. März 2008

Sanne und ich laufen die Straße entlang, in der ich früher gewohnt habe. Die schlechten Erinnerungen hocken in allen Häuserecken, im Rinnstein, zwischen den parkenden Autos, im Eingang von unserem Bäcker und dann stehen wir schließlich vor meiner damaligen Haustür. Links ist noch immer der Thai-Puff, aber rechts ist nicht mehr das Damenduo anzutreffen, sondern mattes Licht strahlt warm und einladend auf die Straße hinaus. Sanne zieht mich ins Innere, in die wohlige Wärme und dann zu zwei kleinen Kinderstühlchen, die vor einem flackernden Kamin stehen. Kurz darauf stehen zwei Gläser mit Rotwein und eine Schale mit Salzstangen auf der Holzkiste vor uns, es kann losgehen, aber wir schweigen und schweigen, unangenehm lange.

"Ich fürchte, wir haben uns nichts mehr zu sagen", sagt Sanne leise. "Wir sprechen nur über andere, nicht über uns." Durch den Schmerz ihrer Worte nehme ich das leise Stimmengemurmel um uns herum wahr. "Liegt es an unseren unterschiedlichen Lebensweisen, den unterschiedlichen Lebenswelten?", will sie wissen und schaut mich drängend an. Ich erwidere ihren Blick und sie senkt den Kopf, ich schlucke schwer und blicke in die Flammen des Feuers. Sie will mich nicht verlieren, schiebt sie hinterher und hat Tränen in den Augen. "Wir sind so weit weg voneinander." Am liebsten würde ich aufstehen und gehen, weil sie alles so schwer macht und weil ich keine Schwere ertragen kann. Aber dann sage ich ein paar wichtige Worte, versuche mich zu erklären, uns zu erklären und sie schaut mich aufmerksam an und nickt und sagt ebenfalls ein paar Dinge und nimmt einige Worte zurück, relativiert sie und dann nehmen wir uns in die Arme und ich küsse sie lange auf die Wange. Sei meine Freundin, bleibe meine Freundin, liebe Sanne, denke ich und schweige.

Danach erzählt sie eine sehr lange Geschichte in der viele Personen mitspielen, in der sie unsere Hauptperson ist, in der es um Sex und SM geht, um Spannung und Erregung, Macht und Ohnmacht, Abenteuer und Grenzerfahrung und darum, dass sie jemanden braucht, mit dem sie ihre finsteren und traurigen Gedanken teilen kann. Zwischendurch schaut sie mich mit großen Augen an und will wissen, ob ich verstehe, ob ich es schlimm finde, pervers oder so, aber ich kann nur den Kopf schütteln, denn ich bin fasziniert von dieser phantasievollen Szenerie, der Kühnheit und dem Mut der beteiligten Personen und fühle in meinem Innern dieses neidvolle Drängen und Sehnen, dieses Ich-will-auch. Bisher haben wir nie so gesprochen. Über Gefühle natürlich, immer, über Liebe und Sehnsucht, Trauer und Enttäuschung, aber nie über intime Phantasien, sexuelle Handlungen, diese zarten und kostbaren Details, die einen großen Batzen Wesentliches enthalten. Sie ist so offen und ehrlich, wie ich es nie sein könnte, weil ich viel zu feige bin, viel zu mutlos.

"Was dieses Sexuelle angeht", sagt sie später, "bist du der extremste Mensch, den ich kenne. Weil du keine Grenzen hast. Weil du alles mitmachst. Weil du darin eintauchst und aufgehst." Sie sieht mich ernst an und ich könnte auf der Stelle losheulen. "Nein, nein, vielleicht war ich das mal", gebe ich zurück und versuche zu lächeln, "aber das bin ich nicht mehr. Davon ist nichts mehr übrig. Gar nichts." Sie schüttelt wissend den Kopf und grinst mich an und ihre Zuversicht tut mir gut, so verdammt gut, als könnte sie in mich hineinschauen, als wüßte sie mit unerschütterlicher Sicherheit, dass die ganze Verdorbenheit noch da ist und nur darauf wartet, irgendwo ein Ventil zu finden, erweckt zu werden, mitgerissen zu werden, ohne Einschränkungen, ohne Vorsichtsmaßregeln, ohne Safeword, irgendwann.

Zu Hause im Bett gehen mir ihre Worte nicht aus dem Kopf, drehen sich im Kreis herum und herum, immer wieder und plötzlich sind so viele Tränen da. Um mich selbst und um mein Unvermögen einfach zu Leben anstatt zu Denken. Wenn ich nur wüßte, wo ich diese Leichtigkeit und auch den unglaublich reizvollen Leichtsinn verloren habe.

Am Morgen tut alles weh. Gefühlskater.


 

Samstag, 1. März 2008

Nach den gemeinsam verbrachten Stunden verabschieden wir uns und nehmen uns in die Arme. Ich danke ihm für die richtigen Worte, das von ihm hervorgelockte Lachen, die schönen Gedanken, die Hoffnung und er grinst, schüttelt zurückhaltend den Kopf und zieht mich noch einmal an sich. Ich lebe wieder und kann es selbst kaum glauben.

Wann und wie habe ich nur all diese Menschen kennen gelernt, frage ich mich, als ich im Nieselregen über die Brücke laufe, die auch mitten in der Nacht noch von Menschen wimmelt. Hier und da und dort tauchen sie plötzlich auf. Früher habe ich sie Freunde genannt, doch irgendwann beschlossen, sie in meinem wirren Kopf unter ehemalige Bekanntschaften abzubuchen, schmählich vernachlässigt in eine dunkle Ecke gestellt.

Man muß sein Leben ausfüllen. Zeit für das Schöne und Zeit für die Trauer haben. Und jetzt ist Zeit für das Schöne, für Freunde und für Sahnetorte.


 

Donnerstag, 7. Februar 2008

Erinnerst du dich noch an damals? Für deine Kontaktanzeige hattest du die schönsten Formulierungen erfunden, die trotzdem noch genug Spielraum für meine Fantasie ließen und einer zum Kichern komischen Emailadresse, für die ich mir gleich ein passendes Pendant suchte. Ich saß eine kleine Ewigkeit an meiner Antwortmail, vertauschte die Wörter, schrieb und strich durch, wechselte vom Monitor zu Papier und wieder zurück. Am Abend legte ich den Entwurf einer Freundin vor, die lachte und fragte, ob ich dich per Mail in mich verliebt machen wolle.
(Wie sehr ich mich neulich freute, als du an die KS schreiben wolltest und sagtest, dass es so eine Mail werden muss, wie ich sie damals an dich geschrieben hätte.)

Es brauchte dann tatsächlich nur diesen einen Mailwechsel, denn wie du später sagtest, war es die schönste Zuschrift, die du je bekommen hast. Du schicktest deine Telefonnummer und wir trafen uns zwei Abende später. Wir erzählten über unsere Diplomarbeiten, mit denen wir zeitgleich begonnen hatten, lachten zusammen über die skurrilen Typen in der Szene und klagten über die Schwierigkeit, einen Menschen kennen zu lernen, mit dem einen mehr verbindet als die gleiche sexuelle Neigung.

Es verstrichen ein paar Wochen, in denen wir Zeit miteinander verbrachten, gemeinsam im Café saßen, Eis essen gingen, zusammen kochten. Ich übernachtete häufig bei dir, wir lagen im Bett, guckten Filme und aßen Süßigkeiten. Du brachtest eine Leichtigkeit in mein Leben, die mir gut tat und mich von anderen Gedanken abhielt. Daran, wie wir zusammen gekommen sind, ein Paar wurden, kann ich mich nicht mehr erinnern. Es dauerte auch nicht lange, bis wir merkten, dass wir Freunde sein müssen und der gefühlsmäßig belastete Pärchenkram nichts für uns ist.

Über die Jahre habe ich deine Freundinnen kommen und gehen gesehen. Du musstest dir die Geschichten von meinen Affären anhören, die selten so lange hielten, als dass du sie überhaupt persönlich kennen gelernt hättest. Unsere Freundschaft blieb, trotz Höhen und Tiefen. Wir konnten immer miteinander streiten und sind beide gerne beleidigt. Manchmal finde ich dich so richtig doof, aber ich liebe dich dafür, dass du zwei Wochen später trotzdem wieder anrufst und ohne Fragezeichen sagst, dass wir jetzt sofort Bier trinken gehen werden.

Mit dir gucke ich gerne romantische deutsche Filme, während wir uns systematisch betrinken. Ich fasse dir gern ins Haar und streiche dir über die Wange. Du kannst toll kochen und ich frage mich manchmal, was bei uns verkehrt läuft, weil wir zusammen SM-Pornos gucken oder über solche fachsimpeln und trotzdem einfach nur Freunde sind. "Du bist ja so krank!", sagst du dann gern mit deiner boshaft-überheblichen Stimme, piekst mich in die Seite, lachst und wirfst dich auf das Sofa, um dir einen Joint zu drehen. Du hast ein sonniges Gemüt und kannst trotzdem ernst und mitfühlend sein. Du bringst mich zum Lachen.

--

Zwei Minuten nach meinem Lachanfall über die Nichtraucher-Nazis kommen wir auf den attraktiven J. zu sprechen. "Du warst ja damals voll verknallt in den", plapperst du übermütig und ich entgegne mit einem kurzen "stimmt gar nicht". Dann muss ich schlucken und erinnere mich. Die ungeplanten Abendstunden mit J., obwohl wir uns noch nie vorher gesehen hatten. Viel Alkohol und ein bisschen Geflirte, bis er ganz nebenbei seinen Freund erwähnte und wir loslachten. Eigentlich eine lustige Geschichte. Ich habe nie jemandem davon erzählt. Stattdessen habe ich sie in mein Blog geschrieben.

Es ist ein bisschen so, als hättest du in meinem Tagebuch gelesen. Es schmerzt, dass du gesucht haben musst. Die Heimlichkeit hinter meinem Rücken. Solltest du wieder einmal hier auftauchen, dann sage mir bitte bescheid, damit das zwischen uns nicht kaputt geht.