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Sonntag, 8. Februar 2009
Während der letzten Jahre habe ich meine Enthaltsamkeit nicht als Verzicht wahrgenommen. Wahrscheinlich habe ich deswegen auch keinen schmerzlichen Verlust gespürt, sondern nur gewusst, dass diese Art von Abstinenz nicht normal ist, nicht gesund ist, ein Gradmesser dafür, wie krank ich bin. Aber mir war alles egal, es war alles dunkel, sinnlos, traurig, einsam, hoffnungslos. Und jetzt, wo mein Leben wieder mit Leben gefüllt ist, spüre ich die Diskrepanz zwischen damals und heute stark wie nie zuvor. Erinnerung die weh tut. Aber eben Erinnerung. Vergangenheit. Jetzt ist es Zeit, nach vorne zu gucken. Denn die Zukunft ist aufregend und gut, ist hell und schön, ist warm und weich und voller Glück.
Das Beuteschema will mich wiedersehen. Schickt zuckersüße SMS. Schickt Emails. Na klar will ich! Die Vorfreude kribbelt aufregend, denn ich bin neugierig auf die Begegnung. Unser erstes Date. Ich will wissen, ob er mir noch immer gefällt, ob ich ihm noch immer gefalle. Ob unsere Zufallsbegegnung nicht nur ein einmaliger Ausrutscher war. Komm doch, wenn du dich traust.
Er kommt, lächelt, nimmt meinen Kopf zur Begrüßung in beide Hände, küsst mich auf die Lippen, zieht meinen Körper an sich. Du machst alles richtig, will ich ihm ins Ohr flüstern, aber meine Kehle ist trocken und ich bringe kein Wort heraus. Wir reden nicht viel. Stattdessen küssen wir. Unser Treffpunkt ermöglicht es, dass wir nebeneinander auf einer Couch sitzen und ich meine Schenkel quer über seine Beine schlagen kann. Ganz nah. Ich liege in seinem Arm. Für Ewigkeiten. Es fühlt sich nach Pärchen an, ich kann es nicht leugnen. Es fühlt sich an, wie das, was ich haben will, auch wenn wir nur so tun als ob. Er küsst meine Stirn, Augen, Nase, Mund, mein Dekolleté, den freiliegenden Teil meiner Schultern. Er streicht sanft meinen Arm hinauf und hinunter bis mein ganzer Körper mit Gänsehaut bedeckt ist. Er legt seine Hand gegen meine und wir verschränken unsere Finger ineinander. Er berührt meinen Körper, fährt mit den Fingerspitzen die Muster meiner Strumpfhose nach, streichelt meine Wange, immer wieder, schaut mir lächelnd in die Augen, verwuschelt mein Haar, macht mir Komplimente und flüstert mir ins Ohr, was er gern mit mir tun würde.
Es ist sein Bemühen um mich, das mir so gut tut. Sein Begehren. Es ist Seelenheil. Aber dann muss ich ihn bremsen. Mehr kann es momentan nicht geben. Würde ich ihn jetzt mit nach Hause nehmen, würden wir Sex haben. Aber ich will keinen Sex. Ich will Liebe machen. Und soweit sind wir noch lange nicht, falls wir überhaupt jemals bis dorthin kommen.
Mimi lacht sich schlapp als ich ihr mein Vorhaben erläutere. "Dann wollen wir mal sehen, wie lange er das mitmacht." Ja. Das wollen wir mal sehen. "Falls du nicht vorher einknickst", fügt sie glucksend hinzu. Sie traut mir tatsächlich keine Standhaftigkeit zu, die Nuss.
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