Mittwoch, 16. Juli 2008

Mr. Sweet betritt meine Wohnung und schaut sich um. Er macht ein paar Schritte auf die Wand zu, beugt sich vor und sieht die mit Wäscheklammern an einer Metallschnur befestigten Fotos, Einladungen, Visitenkarten und Bilder an. "Mit Häubchen und Schürze, wie süß", sagt er und wir lachen über mein Lieblingsfoto. Mein Exfreund hat es am Silvesterabend 2002/03 gemacht. Der H. hat besitzergreifend seinen Arm um mich gelegt, während ich verschmitzt mädchenhaft in die Kamera grinse. Die Erinnerung kann ich im Bruchteil einer Sekunde abrufen. Damals fühlte sich alles gut und richtig an und ich sprühte nur so vor Energie und Abenteuerlust. Aber nichts ist für die Ewigkeit.

Mr. Sweet und ich sitzen uns gegenüber und versuchen ein Gespräch in Gang zu bringen. Wir trinken Mädchenbier, während wir Weißbrot in Balsamicoessig dippen und uns Schafskäse, Tomaten und Oliven schmecken lassen. Ich bin verkrampft, mir ist alles zu eng. Ich will nichts von Mr. Sweet und habe das Gefühl, ihm mit diesem Besuch, dieser erlaubten Nähe, ein Versprechen gegeben zu haben.

Er rückt zu mir und zieht meine kalten Füße in seinen Schoß. In mir sträubt sich alles gegen diese Berührung, gegen seine Finger, die sanft meine Haut streicheln. Trotzdem mag ich nicht einfach wegziehen, mag nicht schroff sein, will, dass alles einfach und gut ist. Freunde sein, nichts weiter.

Als ich den restlichen Käse zurück in den Kühlschrank stelle und die Teller abräume, tritt er hinter mich und legt seine Arme um meine Taille. "Ich könnte mir vorstellen..." beginnt er leise in mein Ohr zu flüstern und ich drehe meinen Kopf verlegen zur Seite, will nichts hören, will nichts sagen, will mich am liebsten in Luft auflösen. Sprich nicht weiter, denke ich im Stillen, bitte, aber er hört mich nicht und beschreibt stattdessen eine Situation, die ich mir nicht ausmalen, die ich nicht erleben will. Er streicht sacht über meinen Rücken. Ich will nicht angefaßt werden, nein, ich will nicht berührt werden. Lass mich in Ruhe, denke ich ganz laut und jetzt scheint er mich gehört zu haben, denn er sucht seine Sachen zusammen und verabschiedet sich, ohne mich noch einmal anzufassen.

Mr. Sweet, es tut mir so leid. Ich wünschte, ich könnte einfach mitspielen, würde die Aufregung und das Neue genießen, anstatt stocksteif und voller Entsetzen zu versteinern. Es passt nicht, es geht nicht, obwohl du so ein toller Mensch bist. Hübsch und klug und witzig. Aber ich kann nicht. Ich kann einfach nicht.