Donnerstag, 7. Februar 2008

Erinnerst du dich noch an damals? Für deine Kontaktanzeige hattest du die schönsten Formulierungen erfunden, die trotzdem noch genug Spielraum für meine Fantasie ließen und einer zum Kichern komischen Emailadresse, für die ich mir gleich ein passendes Pendant suchte. Ich saß eine kleine Ewigkeit an meiner Antwortmail, vertauschte die Wörter, schrieb und strich durch, wechselte vom Monitor zu Papier und wieder zurück. Am Abend legte ich den Entwurf einer Freundin vor, die lachte und fragte, ob ich dich per Mail in mich verliebt machen wolle.
(Wie sehr ich mich neulich freute, als du an die KS schreiben wolltest und sagtest, dass es so eine Mail werden muss, wie ich sie damals an dich geschrieben hätte.)

Es brauchte dann tatsächlich nur diesen einen Mailwechsel, denn wie du später sagtest, war es die schönste Zuschrift, die du je bekommen hast. Du schicktest deine Telefonnummer und wir trafen uns zwei Abende später. Wir erzählten über unsere Diplomarbeiten, mit denen wir zeitgleich begonnen hatten, lachten zusammen über die skurrilen Typen in der Szene und klagten über die Schwierigkeit, einen Menschen kennen zu lernen, mit dem einen mehr verbindet als die gleiche sexuelle Neigung.

Es verstrichen ein paar Wochen, in denen wir Zeit miteinander verbrachten, gemeinsam im Café saßen, Eis essen gingen, zusammen kochten. Ich übernachtete häufig bei dir, wir lagen im Bett, guckten Filme und aßen Süßigkeiten. Du brachtest eine Leichtigkeit in mein Leben, die mir gut tat und mich von anderen Gedanken abhielt. Daran, wie wir zusammen gekommen sind, ein Paar wurden, kann ich mich nicht mehr erinnern. Es dauerte auch nicht lange, bis wir merkten, dass wir Freunde sein müssen und der gefühlsmäßig belastete Pärchenkram nichts für uns ist.

Über die Jahre habe ich deine Freundinnen kommen und gehen gesehen. Du musstest dir die Geschichten von meinen Affären anhören, die selten so lange hielten, als dass du sie überhaupt persönlich kennen gelernt hättest. Unsere Freundschaft blieb, trotz Höhen und Tiefen. Wir konnten immer miteinander streiten und sind beide gerne beleidigt. Manchmal finde ich dich so richtig doof, aber ich liebe dich dafür, dass du zwei Wochen später trotzdem wieder anrufst und ohne Fragezeichen sagst, dass wir jetzt sofort Bier trinken gehen werden.

Mit dir gucke ich gerne romantische deutsche Filme, während wir uns systematisch betrinken. Ich fasse dir gern ins Haar und streiche dir über die Wange. Du kannst toll kochen und ich frage mich manchmal, was bei uns verkehrt läuft, weil wir zusammen SM-Pornos gucken oder über solche fachsimpeln und trotzdem einfach nur Freunde sind. "Du bist ja so krank!", sagst du dann gern mit deiner boshaft-überheblichen Stimme, piekst mich in die Seite, lachst und wirfst dich auf das Sofa, um dir einen Joint zu drehen. Du hast ein sonniges Gemüt und kannst trotzdem ernst und mitfühlend sein. Du bringst mich zum Lachen.

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Zwei Minuten nach meinem Lachanfall über die Nichtraucher-Nazis kommen wir auf den attraktiven J. zu sprechen. "Du warst ja damals voll verknallt in den", plapperst du übermütig und ich entgegne mit einem kurzen "stimmt gar nicht". Dann muss ich schlucken und erinnere mich. Die ungeplanten Abendstunden mit J., obwohl wir uns noch nie vorher gesehen hatten. Viel Alkohol und ein bisschen Geflirte, bis er ganz nebenbei seinen Freund erwähnte und wir loslachten. Eigentlich eine lustige Geschichte. Ich habe nie jemandem davon erzählt. Stattdessen habe ich sie in mein Blog geschrieben.

Es ist ein bisschen so, als hättest du in meinem Tagebuch gelesen. Es schmerzt, dass du gesucht haben musst. Die Heimlichkeit hinter meinem Rücken. Solltest du wieder einmal hier auftauchen, dann sage mir bitte bescheid, damit das zwischen uns nicht kaputt geht.